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Den
Auftrag zum Bau der Transportfahrzeuge hatte das Škoda Schwesterwerk
Austro-Daimler in Wiener Neustadt erhalten (Fusion 1913). Zusammen
mit Ferdinand Porsche, dem seit 1906 die technische Leitung des
Unternehmens oblag, entwickelte Willibald Gatter als Detailkonstrukteur
die Zugfahrzeuge M.16 und M.17 sowie C-Züge für schwere Artillerie
mit benzin-elektrischem Antrieb. Jedes Rad der Generatorwagen und
der Anhänger war mit einem Radnaben-Elektromotor ausgestattet, der
über ein Aggregat mit Strom versorgt wurde. Durch Abnahme der Straßenbereifung
konnte dieser Geschützzug auch auf Eisenbahnschienen gesetzt werden
und sich mit eigener Kraft über Distanzen von bis zu 50 Kilometern
bewegen. Die Geschütze und Transportwagen erprobte Gatter für Škoda
in den Jahren 1916 und 1917 im Gefechtseinsatz an der italienischen
Front und auf dem k. u. k. Artillerie-Schießplatz in Hajmáskér (Komitat
Wesprim). In dem ungarischen Städtchen, gelegen zwischen Plattensee
und Bakony-Gebirge, war um die Jahrhundertwende der größte Schießplatz
der k. u. k. Monarchie entstanden, der für 250 Offiziere, 2200 Mannschaften
und 1120 Pferde ausgelegt war (5).
Mit
Kriegseintritt der USA und der Verkündung der 14 Punkte von US-Präsident
Woodrow Wilson für eine gerechte europäische Nachkriegsordnung,
meldete sich Willibald Gatter im März 1918 zum Kriegsdienst als
einjähriger Freiwilliger. Das Programm Wilsons betraf die Habsburgermonarchie
massiv. Grenzberichtigungen gegenüber Italien, Räumung der Balkanstaaten,
und die autonome Entwicklung der Völker Österreich-Ungarns - so
auch der Tschechen und Slowaken - waren darin vorgesehen. Da Gatter
sich bewusst war, dass der Preis für eine unabhängige Tschechoslowakei
ein Verlust des Selbstbestimmungsrechts der Deutschen Böhmens und
Mährens sein würde, entschloss er sich für einen Sieg des österreichischen
Kaisertums im Feld zu kämpfen. Gatter erhielt zunächst eine kurze
Ausbildung im Kriegshandwerk beim schweren Artillerie-Regiment Nr.
2 in Krakau und an der Offiziersschule der schweren Feld- und Festungsartillerie
am Schießplatz in Hajmáskér. Ab dem 15. Juni 1918 nahm Gatter an
der Piave-Offensive teil und lernte so noch kurz vor seinem Ende
den Krieg in all seiner Grausamkeit kennen (6).
An der Piave, der letzten großen Schlacht des Ersten Weltkrieges,
starb die österreichisch-ungarische Armee langsam und qualvoll.
240.000 Menschen fielen oder verhungerten. Der Großangriff der Alliierten
im Piavegebiet am 24. Oktober 1918 führte zum Zusammenbruch der
Südwestfront der k. u. k. Armee in Venetien und letzlich zum Abschluss
des Waffenstillstands von Villa Giusti bei Padua (7).
Kaum
war die Donaumonarchie zerfallen, wurde am 28. Oktober 1918 in Prag
der tschechoslowakische Staat proklamiert. Gatter kehrte nach seiner
Ausmusterung zunächst in die böhmische Heimat zurück und leitete
dort bis zur Rückkehr seines Bruders Maximilian aus der Kriegsgefangenschaft
die elterliche Maschinenfabrik. Durch Inflation und hohe Rohstoffpreise
zu Ende des Ersten Weltkrieges hatte das Unternehmen seine marktbeherrschende
Stellung verloren und mit einem starken Auftragsrückgang zu kämpfen.
Den Vater unterstützte Willibald Gatter bei der Planung von Wasserwerken,
beim Bau und der Vermessung von Tiefenquellen-Wasserleitungen und
der Pumpwerke, mit welchen - unserer Albwasserversorgung vergleichbar
- die dortigen Bergdörfer mit fließendem Wasser versorgt wurden
(8).
Mit
Gründung der Tschechoslowakei wurden sudetendeutsche Beamte systematisch
aus dem Staatsdienst gedrängt, deutschen Unternehmen, wie dem von
Willibald Gatters Vater, wurden staatliche und kommunale Aufträge
entzogen. Im März 1919 kam es zu Protestkundgebungen der deutschen
Bevölkerung gegen die Zwangseingliederung in den tschechoslowakischen
Staat und für ein sudetendeutsches Selbstbestimmungsrecht. Das Militär
schlug den Aufstand gewaltsam nieder, 54 Deutsche starben (9).
Durch die zunehmende Ausgrenzung der Deutschen konnte Willibald
Gatter beruflich auf kein rechtes Fortkommen mehr hoffen und begab
sich im August 1919 in die neu ausgerufene Republik Deutschösterreich.
Aufgrund von Kontakten, die Gatter während des Krieges zu Austro-Daimler
geknüpft hatte, konnte der damals 23-jährige schnell eine Anstellung
als Automobil-Konstrukteur finden.
Austro-Daimler
stand trotz der erfolgreichen Jahre des Krieges vor dem Ruin, der
größte Auftraggeber, die k. u. k. Armee war weggefallen. Es galt
nun wieder auf zivile Produkte umzustellen und nur die schnelle
Wiederaufnahme der Automobilproduktion mit verbesserten Vorkriegsmodellen
versprach Rettung. Direktor Ferdinand Porsche warb dazu fähige Ingenieure
zumeist aus dem Gebiet des ehemaligen österreichisch-ungarischen
Reiches an, darunter auch Willibald Gatter (10).
Neben schnellen und leichten Tourenwagen wurden nun auch große Luxusautos
hergestellt mit modernen Motoren in kurvenreich gestalteten Karosserien.
Gatter war hier zunächst in der Entwicklung von elektrischen Omnibussen
und Benzin-Lastwagen tätig, später auch in der Konstruktion von
schweren und leichten Personenwagen. Maßgeblich war er an den Entwürfen
der ersten Austro-Daimler Sechszylinder-Schwingachswagen beteiligt
- den Oberklassewagen AD 6-17 (1921-1924) und ADV (1924-1927) und
dem zwischen 1923 und 1927 produzierten Mittelklassewagen ADM II
(11). Ferdinand Porsche erkannte bald die
außergewöhnliche Begabung des jungen Konstrukteurs und betraute
ihn mit Spezialaufgaben, so mit den Experimenten für vierradgetriebene
Lastwagen. 1921/22 konstruierte Gatter unter Porsches Anleitung
mit den Ingenieuren Karl Rabe und Karl Bettaque den "Sascha", den
ersten Sport-Rennwagen der Nachkriegszeit, benannt nach dem Filmpionier
Alexander "Sascha" Graf Kolowrat. Mit diesen 1100-ccm- und 1500-ccm-Rennwagen,
die 1922 das "Targa Florio" Langstreckenrennen auf Sizilien gewannen,
fuhr Willibald Gatter Anfang der Zwanziger Jahre seine ersten Rennen
(12).
Als Gastlektor gab Gatter in dieser Zeit auch Kurse zu Motoren,
Getrieben und Schaltungen im Fachbereich Maschinenbau der Technischen
Hochschule Wien und frequentierte die politischen Debattier- und
Literatenzirkel der Wiener Boheme. Hier wurde er erstmals mit der
Vision vom Auto als "Volksgut" konfrontiert - als einem nüchternen
und schmucklosen Verkehrsmittel, ähnlich dem "Model T" des Amerikaners
Henry Ford. Diese Ideen standen in scharfem Gegensatz zu den von
Porsche gepredigten Firmenzielen Austro-Daimlers: "Sport und Prestige"
- schnellen Luxuswagen mit starken Motoren für eine kleine aber
betuchte Oberschicht. Gatters Entwürfe zu einem "Austro-Daimler-Volksautomobil",
an welchen er 1920 und 1921 in Wiener Neustadt arbeitete, fanden
bei Porsche kein Gehör, er tat sie als "unrentable Utopien" ab (13).
Herb enttäuscht wandte sich Willibald Gatter im Juni 1921 der Konstruktion
neuer Werkzeug- und Sondermaschinen zu und wurde 1923, als Karl
Rabe Ferdinand Porsche in der technischen Gesamtleitung des Unternehmens
ablöste, mit der Leitung des Werkzeugbüros und der Vorkalkulation
betraut (14). Gatter sollte "durch weitere
Ausbildung der Arbeitsvorbereitung und der Verbesserung der Werkseinrichtungen
an der Verbilligung der Fabrikation" mitwirken (15).
Dies kam Gatters Anliegen von der technischen Vereinfachung des
Automobilbaus entgegen und gefördert von Rabe, vertiefte er hier
seine technischen Studien zum Volksauto.
Im
April 1925 wird Gatter die Leitung der Abteilung für Roh- und Fertigkontrollen
übertragen (16). Aus diesen Jahren stammen
auch Gatters erste Publikationen in Fachzeitschriften wie Werkstatt-Technik
und Auto-Technik (17) sowie die ersten seiner
uns bekannten Patente: Am 6. Februar 1923 meldet er die österreichischen
Patente für eine "Kopiereinrichtung für Werkzeugmaschinen" und für
die "Einrichtung zum Schneiden von ein- und mehrgängigen Gewinden
auf der Drehbank" an (18).
Die
finanzielle Aufsicht über das Werk in Wiener Neustadt hatte Camillo
Castiglioni (1879-1957) inne, ein "Lebemann großen Stils und kaltschnäuziger
Finanzhai" (19), der durch Kriegsspekulationen
ein riesiges Vermögen zusammengerafft hatte. Er kontrollierte unter
vielen anderen Firmen auch die Österreichische Daimler Motoren AG.
Seine rein auf den persönlichen Gewinn ausgerichteten Interessen
vertrugen sich nicht mit dem technischen Interessen seiner Ingenieure,
eine Konstellation, der auf Dauer kein Erfolg beschieden war. So
verlangte Castiglioni im Februar 1923 die sofortige Entlassung von
2000 Arbeitern und die Übergabe aller Devisen an ihn, um an der
Amsterdamer Börse eine Baisse zu erzeugen (20).
Direktor Porsche verließ daraufhin Österreich und ging zu Daimler
nach Stuttgart. Willibald Gatter, der nach Porsches Fortgang vergeblich
versucht hatte, Castiglioni für die Finanzierung der Entwicklung
eines preisgünstigen Volksautomobils zu gewinnen, kehrt Anfang 1926
und sehr zu Rabes Bedauern, zurück nach Böhmen (21).
In
Reichenberg (Liberec) richtet er sich im Gebäude Nr. 598 ein Konstruktionsbüro
ein und mietet auf dem Gelände der ehemaligen Deutschböhmischen
Ausstellung von 1906 ein größeres Werksgelände an (22).
Unterstützt von einem Konsortium lokaler Finanzleute und der Reichenberger
Automobil Fabrik (RAF) (23) baut Gatter ab
Juli 1926 hier den ersten Prototyp seines Volksautomobils (24).
Sein Vorhaben war die Schaffung eines preisgünstigen Viersitzers,
der die Motorisierung breiter Volksschichten ermöglichen würde.
Der Aufbau des Wagens war daher denkbar einfach gestaltet und die
Stückliste enthielt neben Kühler und Tank nur 200 Einzelteile -
Schrauben und Splinte eingerechnet (25). Bereits
Ende des Jahres 1926 war der Prototyp des Gatter-Wagens fahrtüchtig,
wie sich Gatters Jugendfreund, der spätere Prälat von Cecelice,
Msgr. Dr. Hermann Schmid (1907-1994) erinnert, denn auf diesem robusten,
schmucklosen Automobil bestand er damals die Prüfung zum Führerschein
(26).
Nach Abschluss der konstruktiven Vorarbeiten verlegte Gatter sein
Konstruktionsbüro im November 1927 nach Aussig an der Elbe, wo ihm
die Georg Schicht A.G. großzügige Mittel für die Feinarbeiten und
Erprobung des Wagens zur Verfügung gestellt hatte. Der Fettsäure
verarbeitende Schichtkonzern betrieb damals Vorstöße in andere Wirtschaftssektoren,
um seine im Seifengeschäft erwirtschafteten Überschüsse gewinnbringend
anzulegen. Georg Schicht, dem die kaufmännische Leitung des Unternehmens
unterlag, schien die nach dem Ersten Weltkrieg schnell aufstrebende
Automobilproduktion dazu der richtige Weg. Gatter wurde als technischer
Leiter der neuen Automobil-Sparte angeworben, mit dem Zugeständnis,
weitgehende Freiheiten in Gestaltung und technischer Ausführung
zu haben und das Auto als "Gatter Wagen" vermarkten zu können. In
Aussig baute Gatter 1928 zwei weitere Probewagen rahmenloser Bauart
mit Schwingachsen und einem 1 1/2 Liter Motor. Auf Testfahrten in
der Tschechoslowakei, Deutschland und Österreich unterzog er sie
strapaziösen Belastungsproben wobei die Automobile nach Meinung
Georg Schichts "auch ganz hochgestellten Anforderungen entsprachen"
(27).
In
Aussig wohnte Willibald Gatter zunächst im Hotel Goldener Schwan,
ab Frühjahr 1928 ist er in der Pestalozzistraße 100 im Stadtteil
Schreckenstein gemeldet (28). Wie überall
in Böhmen, war die Motorisierung dieser 40.000 Einwohnerstadt damals
erst wenig fortgeschritten und Fiaker prägten nach wie vor das Bild.
Nach einer Statistik des Polizeirayon Aussig zählte die Stadt 166
Personenwagen, 86 Lastautos, 3 Autobusse und 4 Traktoren (29).
Gatter meldet zwischen 1927 und 1929 eine Anzahl von Patenten zum
Gatter-Wagen in der Tschechoslowakei, dem Deutschen Reich, Frankreich,
Großbritannien und den USA an, so etwa ein Patent für die "Lagerung
der gabelartig ausgebildeten inneren Enden von Schwingachsen", für
die "Abfederung schwingender Halbachsen" und für eine "Vorrichtung
zum Schalten von Wechselgetrieben" (30).
Zum Anlass des 80-jährigen Gründungsjubiläums der Schichtwerke wurde
der damals noch recht archaisch-kastenförmige Gatter-Wagen 1928
erstmals der Öffentlichkeit präsentiert (31).
Von den Aussiger Bürgern wurde das Vorhaben einer heimischen Automobilproduktion
mit Wohlwollen und Stolz aufgenommen. Als die Zeitschrift Motor-Kritik
das Auto 1929 der Fachwelt vorstellt, weist der Wagen bereits aerodynamische
Kurven auf: "Das Fahrzeug ist bis in alle Einzelheiten glänzend
durchdacht", preist Chefredakteur Josef Ganz den Wagen. "So befindet
sich beispielsweise der Akkumulator gut zugänglich über dem Getriebe
und ist mit dem Starter durch ein ganz kurzes Kabel verbunden ...
Ebenso überzeugend erfolgt der Tachometerantrieb. Gerade an solchen
Einzelheiten erkennt man am leichtesten die Durcharbeitung einer
Konstruktion. Die des Gatter-Wagens ist über jedes Lob erhaben.
Die Durchbildung jedes einzelnen Teiles läßt das Wirken eines mit
der Fertigung bis ins kleinste vertrauten Fachmanns erkennen, der
jedoch darüber keineswegs das Gesamtziel aus dem Auge verliert.
Es ist kaum glaublich, daß der Schöpfer des Gatter-Wagens in unserer,
an zielbewußten Automobilkonstruktionen so armen Zeit nicht schon
längst aus dem entlegenen Winkel seines Wirkens hervorgeholt und
an eine der vielen Stellen berufen worden ist, die eines derartigen
Kopfes bedürfen." (32)
Da
der Wagen "in eine tiefe Lücke hineinpaßt, die der Autobau der Welt
offenläßt" und dem Fahrzeugtyp sehr nahe kommt, "nach dem sich der
Werktätige, Arzt, Kaufmann, Ingenieur, Geistliche sehnt", prophezeite
Josef Ganz dem Gatter-Wagen "großen geschäftlichen Erfolg". Doch
Josef Ganz hält auch mit Kritik am Prototyp nicht zurück. Er hält
den Achtzylindermotor für zu groß und rät statt dessen zu einem
1½ Liter-Vierzylinder. Der Bequemlichkeit wegen empfiehlt Ganz,
die Sitze "frei nach Bauhaus durchzubilden". Dennoch überwiegt das
Lob: " ... das Bestechende am Gattertyp ist: Leichte Bauart, dabei
trotzdem genügend Sitzraum und gute Straßenlage ... Sein Schöpfer
hat dem Flug seiner Gedanken freie Bahn gelassen. Wenn er König
wär, schalten und walten könnte, wie ihm beliebt, würde er .
d i e s e n Wagen bauen lassen." (33)
Die Weltwirtschaftskrise, die 1929 auch über Böhmen hereinbrach,
beendete jedoch die Pläne zur Aufnahme einer Serienproduktion. Europa
versank in Arbeitslosigkeit und Inflation, die Nachfrage nach Automobilen
erreichte einen Tiefststand und das Aktienkapital vieler Betriebe,
so auch der Schicht A.G. verfiel. Mitte Mai 1929 veröffentlichte
die Motor-Kritik noch die Pläne des Wagens und adelte ihn zum zukunftsträchtigen
Modell eines "Europawagens": "Wir besitzen heute unzählige Automobiltypen
- in Deutschland allein an hundert. Fragt einen aber ein Durchschnittsdeutscher
danach, welcher für ihn passend wäre, kommt man in nicht geringe
Verlegenheit. Zwischen ausgesprochenen Autosurrogaten und "Luxus"-Wagen
mit über 20 Pfennig Kilometerkosten gibt es einfach nichts ...",
schreibt Chefredakteur Josef Ganz, "diese klaffende Lücke könnte
ein entsprechend durchgereifter Gatterwagen schließen" (34).
Willibald Gatter kehrte daraufhin in seine Heimatstadt Hühnerwasser
zurück und arbeitete unverzagt an den Plänen für ein neues Gatter-Auto.
Der Wagentyp, den es zu schaffen galt, sollte kleiner und billiger
sein als sein erstes Volksauto, aber dennoch den Komfort eines Automobils
besitzen und im Benzinverbrauch, der technischen Einfachheit und
im Preis einem mittleren Motorrad entsprechen. Es galt völlig neue
Zielgruppen zu erschließen und ein Auto für all jene zu bauen, die
in der automobilen Aufbruchsstimmung bislang vergessen worden waren
- allen voran die Landbevölkerung.
Wahre Kleinwagen, geschweige denn "Volksautos" gab es damals noch
nicht. Zwar war der "Volkswagen" als Schlagwort, ja als Ideologie
in aller Munde, doch war dies mehr Anspruch als Wirklichkeit, mehr
soziotechnische Utopie als Realität. Das "Volksautomobil" stand
bereits vor dem Ersten Weltkrieg für ein preiswertes Fahrzeug für
breite Bevölkerungsschichten. Der Begriff war dabei allerdings keine
Modellbezeichnung sondern zielte auf eine neue, unerreichte Wagenklasse
(35).
Zur
Schaffung eines wirklichen Volkswagens wurde die gesamte Technik
der Zwischenkriegszeit jedoch noch als zu schwer, zu groß und zu
teuer erachtet. Moderne Werkstoffe zur Konstruktion leichter Autos,
die von einem Motor mit wenigen PS hätten angetrieben werden können,
fehlten. Frühe Versuche der Zwanziger Jahre, wie etwa das deutsche
"Kommissbrot" von Hanomag, der französische LR2 von Rosengart oder
der englische Austin Seven wurden den in sie gesetzten Erwartungen
nicht gerecht, da das Gewicht der Wagen nicht im gleichen Maß herabgesetzt
werden konnte wie die Motorgröße. Ihre Fahreigenschaften waren daher
eher bescheiden: schlechte Kurvenlage, schwach am Berg und ständiger
Schaltzwang im Stadtverkehr, ganz zu Schweigen von den hohen Betriebs-
und Anschaffungskosten. Auch hatten Insassen unter starken Erschütterungen
zu leiden. Spöttisch wurde diese Wagengattung in der Fachpresse
bald "kleine Großautos" oder "verkleinerte Großwagen" genannt (36).
Nichtsdestotrotz ging Rosengart als "Roi de la petite Auto", als
"König des Kleinwagens" in die französische Automobilgeschichte
ein.
Zur Schaffung eines wahren "Volksautos", auf tschechisch "Lidovy
Automobil", wie Gatters Wagen in der Firmenwerbung der frühen Dreißiger
Jahre genannt wurde, musste der Konstrukteur völlig neue Wege beschreiten.
Durch eine Verringerung der Einzelteile und der Ausstattung mit
einem Leichtholzrahmen wurde das Wagengewicht auf 200 kg reduziert
und somit ein Verhältnis von 1:1 von "Nutzlast zu Totlast", also
von Wagengewicht zu Gewicht der Insassen erreicht (37).
So besaßen die frühen Modelle des Wagens aus Gewichts- und Kostenerwägungen
etwa auch nur einen einzelnen zentralen Scheinwerfer, ein sogenanntes
"Zyklopenlicht", das dem ersten Modell sein charakteristisches Aussehen
verlieh. Auch ein Rückwärtsgang war zunächst nicht vorgesehen. Wie
uns ein Werbeprospekt von 1930 verrät, würde ein solcher auch nur
"unnötige Komplikationen bedeuten", da die Wendigkeit des Gatter
Wagens "ein Umdrehen auf normaler Straßenbreite" ermöglicht (38).
Um einem so leichten Wagen aber auch gute Fahreigenschaften auf
den damaligen schlechten Strassen zu geben war auch im Aufbau des
Rahmens und der Achsen ein totales Umdenken erforderlich. Gatter
löste dieses Problem mit Hilfe von langen, von Vorder- zu Hinterachse
durchlaufenden Federn, welche die Karosserie stets parallel anhoben,
im Gegensatz zu den unabhängig agierenden Federn normaler Wagen
die ein Kippen der Karosserie zulassen (39).
Ende des Jahres 1929 waren die Pläne für diesen Kleinen Gatter soweit
gediehen, dass sich Willibald Gatter zur Produktion entschloss.
Am 22. November 1929 stellt er im nordböhmischen Reichstadt den
Antrag zur Erbauung einer Fabrikationshalle und am 13. September
1930 wird ihm schließlich die gewerberechtliche Genehmigung für
die "Herstellung von Kraftfahrzeugen im Gebäude N.C. 126 in Reichstadt-Vorstadt"
erteilt (40). Das Autowerk Gatter-Reichstadt
war geboren. Zwischen Oktober 1930 und Juni 1936 wurden hier rund
1650 Kleinwagen dieser Marke produziert (41).
Heute mag diese Zahl verschwindend gering erscheinen, doch darf
man die geringe Personenkraftwagendichte in der Tschechoslowakei
mit kaum 90.000 Fahrzeugen bei einer Bevölkerung von 14,7 Millionen
(1930) nicht außer Acht lassen (42). Auch
im Deutschen Reich war der Motorisierungsgrad kaum höher - im Jahr
von Hitlers Machtergreifung kamen auf 65,4 Millionen Einwohner gerade
einmal 500.000 PKW; rund 80 % davon waren Geschäftswagen (43).
Im Jahr 1935 besaß der Kleine Gatter in der Tschechoslowakei daher
einen Marktanteil von knapp 1,4 %. In den deutsch besiedelten Gebieten
des nördlichen Sudetenlandes dürfte sein Anteil deutlich über 10
% gelegen haben (44).
Da der Kleine Gatter eine Marktlücke schloss, war auch auf Seiten
der Industrie das Interesse an der Vermarktung des Wagens groß.
Im Oktober 1930 trat der Großindustrielle Tomáš Bata an Gatter heran
und führte Verhandlungen über den Erwerb der zahlreichen Patente
und einer Generallizenz zur Produktion des Wagens (45).
Bata, der es innerhalb weniger Jahre vom einfachen Schumacher zum
k. u. k. Heeresliferanten gebracht hatte, stieg 1930 zum Weltmarkführer
in der Schuhproduktion auf. Nach der Weltwirtschaftskriese investierte
das Unternehmen auch in andere Sektoren, so etwa in die Herstellung
von Plastikfasern, Fahrrädern, Flugzeugen und Spielzeug. Doch Gatter
stieß sich früh an den patriarchalen Zügen Batas und die Verhandlungen
gerieten immer wieder ins Stocken (46). Batas
nahezu absolutistische Herrschaft über seine Arbeiter in der mährischen
Kleinstadt Zlin wurden in jenen Jahren auch zur Zielscheibe linker
Journalisten und Intellektueller. Egon Erwin Kisch und Ilja Ehrenburg
etwa prangerten Batas System als eine perfektionierte Form der Unterdrückung
und Ausbeutung an (47).
Dennoch ging Gatter mit dem Industriellen eine Zweckehe ein. Als
im April 1932 jedoch die Serienproduktion in Zlin beginnen sollte,
kam es zum Bruch. Entgegen früherer Absprachen den Wagen "Gatter"
zu nennen, bestand der Fabrikant nun auf der Benennung "Bata". Für
den Konstrukteur Gatter war dieser Wortbruch nicht hinnehmbar und
so kündigte er den Vetrag. Bata strebte zwar neue Verhandlungen
an, blieb in der Frage der Benennung des kleinen Volksautos aber
unnachgiebig. Sein Tod bei einem Flugzeugabsturz am 15. Juni 1932
setzten den Verhandlungen ein Ende.
Als Batas Interesse für die Automobil- und Reifenproduktion und
insbesondere für den Kleinen Gatter 1930 bekannt geworden war, übergoss
die Fachpresse den ganz offensichtlich dem Größenwahn verfallenen
tschechischen Schuhkönig mit Hohn und Spott. "O Schuster, bleib
bei deinen Leisten" giftelten etwa die Redakteure der Motor Kritik
(48). Zwar sollte das Unternehmen durch den
frühen Tod seines Gründers nie ins Automobilgeschäft einsteigen,
die Produktion von Autoreifen jedoch, die ihre bescheidenen Anfänge
in den Zwanziger Jahren in der Herrstellung von Schuhsohlen nahm,
entwickelte sich zu einem blühenden Wirtschaftszweig. 1945 entstand
daraus der Reifenhersteller Barum. Bereits vor Beginn der Verhandlungen
mit Bata hatte Gatter 1930 begonnen, den Kleinen Gatter in Serie
zu produzieren. Zwischen September und Dezember 1930 wurden die
ersten 18 Wagen gebaut, im Folgejahr verließen bereits rund 200
Automobile die Werkshalle in Reichstadt. Ihren Höhepunkt erreichte
die Produktion im Jahr 1933 mit über 600 Fahrzeugen (49).
Das "Auto zum Motorradpreis", wie der Wagen in frühen Werbeprospekten
des Autowerks hieß, trug in jenen Jahren entscheidend zur Motorisierung
des Bürgertums und der Landbevölkerung im Norden Böhmens bei. Mit
einem Preis von nur 12.800 tschechischen Kronen (rund 1000 Reichsmark)
kostete der Kleine Gatter 1930 weit unter der Hälfte des billigsten
Wagens der Marke Škoda und entsprach dem halben Jahreslohn eines
Arbeiters. Damit war der Kleine Gatter Europas preiswertestes Automobil
(50).
Angesichts der geringen Kaufkraft der breiten Masse der Bevölkerung
und den hohen Kosten der Haltung herkömmlicher Automobile lag der
Schlüssel zur Schaffung eines "Volksautos" für Gatter aber nicht
allein in den Anschaffungskosten, sondern vor allem auch in einer
Reduzierung der Betriebs- und Wartungskosten. Im Deutschen Reich
machten die Treibstoffausgaben für herkömmliche Kleinwagen Mitte
der Dreißiger Jahre allein zwischen einem Drittel und der Hälfte
der laufenden Kosten aus. Während die monatlichen GesamtBetriebskosten
für einen Kleinwagen im Jahr 1936 zwischen 97 und 125 Reichsmark
lagen, betrug das monatliche Brutto-Durchschnittseinkommen gerade
einmal 149 RM (51).
Auf dem Land waren in den Dreißiger Jahren nach wie vor das Ochsengespann
und das Pferdefuhrwerk die dominanten Verkehrsmittel. Um hier Kundschaft
zu gewinnen, musste das Auto mit diesen konkurrieren können. Es
musste äußerst genügsam im Benzinverbrauch und so leicht wie billig
zu reparieren sein: mit Werkzeug, das ein jeder Handwerker oder
Landwirt zu Hause besaß. Ersatzteile - wurden sie denn benötigt
- mussten überall erhältlich sein.
Der
Werbeprospekt zum ersten Modell von 1930 gibt daher auch ausführlich
über Betrieb und Wartung des Kleinen Gatter Auskunft, um Kaufinteressenten
so die Sorge vor versteckten Zusatzkosten zu nehmen: "Der kleine
Gatter ist ein Wagen, dessen Anschaffungs- und Unterhaltskosten
die eines billigen Motorrades nicht übersteigen und im Gegensatz
zu diesem, einen angenehmen, von Wetterunbilden geschützten Transport
von 2 Personen und entsprechendem Gepäck zu jeder Jahreszeit ermöglichen
... Die Wartung des Wagens beschränkt sich auf das Nachfüllen des
Benzingemisches für den Motor [5 Liter auf 100 km] und das
Fallweise Abschmieren von 11 Schmiernippeln und Nachfüllen von Öl
ins Getriebe. Da der Zweitaktmotor weder Ventile noch Zahnräder
besitzt, so ist lediglich der Zündung und dem Vergaser einige Aufmerksamkeit
zuzuwenden. Die durch 2 Ventilatoren bewirkte Luftkühlung, die auch
auf langen Bergen genügt, vermeidet ein weiteres unangenehmes Element
der Wartung und enthebt den Fahrer von der Sorge des Einfrierens.
Da die Maschine mit Ausnahme der Achsen von der Karosserie vollkommen
umhüllt ist, so beschränkt sich die Reinigung vollständig auf die
glatten Flächen der Karosserie. Die Instandhaltung des Wagens erscheint
vor allem durch die seiner geringen Teilzahl entsprechende geringe
Pannenmöglichkeit reduzieret. Seine Einfachheit macht auch den Laien
sehr bald mit den wenigen Geheimnissen bekannt und gibt ihm das
unschätzbare Gefühl der Vertrautheit mit seiner Maschine, die es
ihm ermöglicht, kleine Unstimmigkeiten selbst zu beheben oder sie
wenigstens kritisch in Preis und Ausführung zu Überwachen. In seiner
Montagemöglichkeit ist der Wagen volkommen durchdacht und kann durch
Lösen weniger Schrauben in seine Einzelaggregate zerlegt werden,
sodaß auch diese Notwendigkeit ihren unangenehmen Ärgernissen entkleidet
ist. Die Betriebskosten dieses leichten Wagens sind natürlich gering,
da der kleine luftgekühlte Motor sehr wirtschaftlich arbeitet, die
Bereifungskosten bei dem leichten Wagengewicht minimal sind und
[da er] in Hinsicht seiner geringen Abmessungen und seiner Luftkühlung
keinerlei Anspruch an die Garagierung stellt, während seine robuste
und einfache Bauart die Kosten für Wartung und Instandhaltung auf
ein Minimum reduziert." (52) In einem
tschechischen Prospekt zum Kleinen Gatter aus dem Jahr 1931 heißt
es zur Garagierung: "Das Unterstellen des Fahrzeuges ist dank des
geringen Raumanspruches leicht lösbar, da man mit diesem schmalen
Fahrzeug sogar durch die Haustüre hinduch fahren kann" (53).
Auch
bei der Motorisierung der Frau setzte der Gatter-Wagen neue Akzente.
Eine ansehnliche Zahl von besser gestellten Familien des politischen
Bezirks Böhmisch Leipa, die bereits ein Auto besaßen, kauften sich
einen günstigen Kleinen Gatter als Zweitwagen. Diesen nutzte sodann
die Dame des Hauses oder die noch unverheirateten Töchter für ihre
Einkäufe, Höflichkeitsbesuche oder Ausfahrten mit anderen Damen.
Längst nicht alle Motoristen waren von dieser Entwicklung beglückt.
Da das Autofahren noch weithin als männliche Prärogative angesehen
wurde, sah sich Willibald Gatter bisweilen dem Vorwurf ausgesetzt,
er sei für die Unsicherheit auf Böhmens Straßen verantwortlich,
habe er mit seiner "Weiberkutsche" doch das ganze "Weibsvolk motorisiert"
(54).
Mit seiner Vision von der Massenmotorisierung durch ein billiges
"Volksauto" und durch seine progressive Kritik an der rückständigen
tschechoslowakischen und deutschen Automobilindustrie mit ihren
schweren, teuren Luxuswagen, machte sich Gatter mächtige Feinde
in der Automobilbranche. Auf Automessen sah er sich Anfang der Dreißiger
Jahre offenen Anfeindungen der großen Automobilproduzenten ausgesetzt.
Diese waren in Sorge, sein erschwinglicher Volkswagen könne nicht
etwa neue Käuferschichten am unteren Rand der Mittelschicht oder
sogar in der Arbeiterklasse erschließen, sondern als Folge der prekären
Wirtschaftslage und der sinkenden Nachfrage für teure Wagen, in
unmittelbare Konkurrenz zu ihren bereits laufenden Modellen treten.
Um Gatters potentielle Kundschaft zu vergrämen, sprachen industrienahe,
traditionsverbundene Kommentatoren dem Kleinen Gatter in der Presse
kurzerhand das Prädikat "Automobil" ab und diffamierten ihn als
"Dreirad" oder "Cyclecar", womit sie ihn auf eine Stufe mit Motorrädern
stellten (55).
Im benachbarten Deutschen Reich wurde die Motorisierung des Volkes
mit Machtübernahme der Nationalsozialisten zur Staatsdoktrin erhoben
- galt es doch zu Großbritannien, Frankreich und den USA aufzuschließen,
wo die Kraftwagendichte deutlich höher lag. Für Hitler war das Automobil
Ausdruck eines höheren Kulturniveaus und die Zahl der Straßenkilometer
Maßstab für die "Lebenshöhe eines Volkes". Der Führer - so Jakob
Werlin, Daimler-Benz-Direktor und Hitlers persönlicher kraftfahrzeugtechnischer
Berater - strebe mit dem Motorisierungsgedanken danach, "dem deutschen
Volke wieder diejenige Stellung in der Welt zu schaffen, auf die
es nach Rasse, Charakter und Geschichte einen unabdingbaren Anspruch
hat" (56).
Hitlers
Rede auf der Berliner Automobilausstellung am 11. Februar 1933 und
die Präsentation des Volksempfängers im Sommer des gleichen Jahres,
heizten die Diskussion um ein "Volksautomobil" weiter an. Seit Anfang
1934 entwickelte sich das Reichsministerium für Volksaufklärung
und Propaganda zur treibenden Kraft hinter der Volkswagenidee und
stellte Überlegungen zur Förderung eines dreirädrigen Kleinstwagens
mit Motorradmotor im Preisbereich von 1000 RM an (57).
Eine Flut von Veröffentlichungen, Initiativen und Projekten war
die Folge, darunter ein "Exposé betreffend den Bau des deutschen
Volkswagens" von Gatters Weggefährten Ferdinand Porsche. Dieser
votierte für ein "vollwertiges Gebrauchsfahrzeug" und trug Hitler
seine Gedanken im März 1934 vor (58). Hitler,
der ebenfalls einen vierrädrigen, vollwertigen Viersitzer anstrebte,
machte in seiner Eröffnungsrede der Automobilausstellung am 7. März
1934 klar, wie wichtig es sei, "seinen Preis ... dem finanziellen
Leistungsniveau der hierfür in Frage kommenden Millionenmasse der
Käufer" anzupassen (59).
Obwohl
dem Reichsverband der Automobilindustrie (RDA) früh klar wurde,
dass der Preis für einen vollwertigen Wagen bei nicht weniger als
1500 RM liegen könne, hielten seine Funktionäre es für wenig opportun,
diese Bedenken offen zu äußern. So hat die öffentliche Diskussion
um das Volkswagenprojekt und dessen propagandistische Vermarktung
durch die Nationalsozialisten einen Preis von 1000 RM festgeschrieben,
der später kaum noch zu revidieren war.
Spätestens
mit Hitlers Eröffnungsrede zur Automobilausstellung von 1936 wurde
dieser Preis zum verhängnisvollen Versprechen, das bis Kriegsende
Bestand haben sollte (60). Im Juni 1934 schloss
der RDA einen ersten Vertrag mit Porsche zum Entwurf des "Volkswagens"
ab und beantragte im Oktober des Jahres den Schutz dieser Bezeichnung
beim Patentamt. Sehr zum Unwillen Hitlers fanden die konstruktiven
Vorarbeiten erst 1936 ihren Abschluss und die Feinarbeiten sowie
die Erprobung der Prototypen nahmen weitere zwei Jahre in Anspruch.
Während Porsches Volkswagenprojekt nur schleppend voranging und
seinen vom RDA vorgegebenen finanziellen Rahmen mit 1,75 Millionen
RM völlig sprengte, blieb die Frage der Produktion weitgehend offen.
Auch Überlegungen zum Export blieben diffus, "hätte doch jeder exportierte
Wagen eine Subvention ausländischer Volkswirtschaften bedeutet."
(61) Mit dem Ausbruch des Krieges wurden im
1938 gegründeten Volkswagenwerk anstelle des Volkswagens mit Hilfe
tausender Zwangsarbeiter Flugzeugteile, VW-Kübelwagen und Wehrmachtsöfen
produziert. Zur Aufnahme der Serienproduktion des VW-Käfers sollte
es erst ab 1945 unter Regie der britischen Besatzer kommen.
Rückblickend war der kriegsbedingte Aufschub der Produktion des
KdF-Wagens, wie der Käfer seit Mai 1938 offiziell hieß, ein Segen
für das Nazi-Regime, denn der schließlich auf 990 RM festgesetzte
Kaufpreis in Rahmen einer Volkswagen-Sparaktion hätte zu einem finanziellen
Fiasko geführt. Unter den rund 300.000 VW-Sparern befanden sich
1942 nur 5 % Arbeiter. Stärker vertreten waren Lohnempfänger (10
%), Beamte (17 %) und Angestellte (29 %). Der überwiegende Teil
der Sparverträge (rund 40 %) wurde jedoch von Betrieben abgeschlossen,
die ihre Fahrzeugflotte auf das preiswerte Automobil umstellen wollten.
Der Berliner Technikhistoriker Wolfgang König kommt denn auch zum
Schluss, dass die Volkswagenaktion zwar die Motorisierung des Mittelstandes
"geringfügig verbreitert hätte", dass Porsches KdF-Wagen aber alles
andere als ein Wagen fürs Volk war (62).
Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass Willibald
Gatter in Tschechien heute als der wahre Erfinder des Volkswagens
(Lidového Auta) gilt, da sein Kleiner Gatter wohl das erste in Serie
produzierte Automobil war, das dieses Prädikat mit einem Preis von
rund 1000 RM auch wirklich verdiente (63).
Ein dem Kleinen Gatter vergleichbarer Wagen kam im Deutschen Reich
erst 1933 auf den Markt. Es war der von Gatters Wegbegleiter, dem
Motor Kritik Chefredakteur Josef Ganz konstruierte Standard Superior,
der auf der Berliner Automobilausstellung mit einem Preis von 1590
RM als "deutscher Volkswagen" beworben wurde. Der Durchschnittspreis
eines Automobils lag 1933 allerdings bei rund 4200 Reichsmark, und
damit beim vierfachen eines Gatter-Wagens. Die günstigsten Modelle
von Mercedes und NSU lagen damals bei 4400 bis 5450 RM, dagegen
waren BMW und DKW mit Preisen von 2500 bis 2700 RM fast schon als
billig zu bezeichnen (64). Heute fast vergessen,
war der Jude Josef Ganz (1899-1967) auch der Vordenker des VW-Käfers.
Sein Prototyp "Maikäfer" von 1932, der 1933 als Standard Superior
in Serie ging, sah dem 1936 fertiggestellten Prototyp des VW-Käfers
verblüffend ähnlich. Nach der Berliner Automobilausstellung wurde
Ganz im Januar 1934 zunächst von der Gestapo verhaftet, seiner Patentrechte
beraubt und sodann ins Schweizer Exil getrieben (65).
(Abb. 20) Dass sich der Gatter-Wagen innerhalb kürzester Zeit großer
Popularität erfreute und auch über die Grenzen Böhmens hinaus bekannt
wurde, lag jedoch nicht allein an den geringen Anschaffungs- und
Betriebskosten. Auch die spektakulären Rennerfolge Gatters trugen
zum guten Ruf des Autos bei. Mit seinem Kleinen Gatter gewann der
Konstrukteur zahllose Preise bei den Bergrennen der Dreißiger Jahre.
Seine größten Erfolge waren Goldmedaillen beim Böhmischen Bergrennen
und der Riesen- und Isergebirgsfahrt, sowie Klassensiege beim Großen
Bergpreis von Deutschland, der Schwarzwald Zielfahrt und der Tatra
Sternfahrt (66).
Auch gegen die Granden des damaligen Rennsports anzutreten, wie
Rudolf Caracciola, scheute sich Gatter nicht. Ihm ging es weniger
um einen Sieg, als darum, die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit
von Kleinwagen vor einem Massenpublikum unter Beweis zu stellen,
verstand er sich doch als Vorkämpfer in der Erneuerung des deutschen
Automobilbaus. 1931 trat Gatter beim Großen Bergpreis von Deutschland
am Schauinsland mit seinem Kleinen Gatter an, dem kleinsten Wagen
des gesamten Rennens. Caracciola gewann souverän auf seinem Mercedes
SSKL mit 7069 ccm und 300 PS in 8:51 Stunden und einer Durchschnittsgeschwindigkeit
von 81,2 km/h. Gatter bewältige die 720 Kilometer lange Rennstrecke
auf seinem Kleinen Gatter mit 350 ccm und 9 PS in 17:38 Stunden
und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40,7 km/h. Mit einem
elften Platz zog Gatter am 26. Juli 1931 zur Siegerehrung in Freiburg
ein, sein Kleinwagen ungläubig bestaunt und bejubelt von tausenden
Freiburgern. Zuvor hatte er aus Prag kommend mit einer Zeit von
18 Stunden den 5. Platz bei der Zielfahrt des Rennens belegt (67).
Ein Beweis für die Wirtschaftlichkeit seiner Konstruktion war für
Gatter der Umstand, dass er mit einem Motor der gerade einmal dem
Zwanzigstel der Leistungsfähigkeit von Caracciolas SSKL entsprach,
in der Hälfte von dessen Bestzeit und der Hälfte der Höchstgeschwindigkeit
ins Ziel kam. Dabei lag der Benzinverbrauch seines Wagens auf dieser
Rennstrecke (720 km) bei gerade einmal 35 Litern, während der Motor
von Caracciolas SSKL weit über 200 Liter Benzin verbrannte (68).
Für den Erfolg des Autos spielte aber auch gezielte Werbung eine
große Rolle. 1931 finden sich Gatter-Automobilvertretungen bereits
in Komotau, Böhmisch Leipa, Gablonz, Prag und in den angrenzenden
deutschen Reichsgebieten, so im bayrischen Weiden und Regensburg,
und in Chemnitz und Dresden in Sachsen. Dies waren - typisch für
die damalige Zeit - meist Einmannvertretungen, die auf Provisionsbasis
nach Käufern suchten und Interessenten auch zuhause aufsuchte um
diese auf Probefahrten mitzunehmen. Gut ausgestattete Fabrikvertretungen
gab es damals nur bei großen Automobilherstellern in wenigen Großstädten.
Gatter-Wagen fuhren in den Dreißiger Jahren vor allem im Dreieck
Aussig, Prag, Reichenberg. Die weitaus meisten Fahrzeuge dieses
Bautyps fanden sich aber im unmittelbaren Umkreis des Reichstädter
Wirkungsfeldes Willibald Gatters - auf den Straßen zwischen Melnik,
Böhmisch Leipa und Niemes. Für die ländliche Bevölkerung dieser
Region wurde der "Kleine Gatter" bald zum Synonym für Auto schlechthin.
Bereits
Ende 1931 war die erste Fabrikationshalle zu klein geworden. So
erwarb Gatter im Oktober des Folgejahr die angrenzende Parzelle
und errichtete hier ein Fabrikgebäude (69).
Das ursprüngliche Werk wurde zur Wartungshalle für bereits laufende
Gatter-Wagen umfunktioniert. Als hinderlich für eine Expansion der
Produktion erwies sich jedoch das Kreditklima der damaligen Zeit.
In Böhmen wirkte sich der Zusammenbruch der Banken bis Mitte 1933
auf Industriekonzerne aus, die durch die Schließung der Finanzhäuser
als Konsequenz der Weltwirtschaftskrise an Kreditaufnahme und Neuinvestitionen
gehindert wurden. So blieben Gatter nur private Investoren zur Finanzierung
seines Projekts, was diesem jedoch enge Grenzen setzte. Financiers
der Gatterwerke umfassten etwa den Reichstädter Christbaumschmuckfabrikanten
Eduard Held und Helene Rösler (geb. Gatter), Inhaberin der renommierten
Böhmisch Leipaer Pianofortefabrik Rösler.
Der erste Wagen des Typs Kleiner Gatter, der ab Oktober 1930 auf
den Markt kam, war noch ein reines Zweckfahrzeug, dem die spätere
Eleganz der Gatter-Automobile völlig fehlte. Unter der Stahlblech-Karosserie
des 9-PS-Fahrzeuges befand sich ein leichtes aber stabiles Holzgerüst,
das es dem kleinen Auto ermöglichte, eine Spitzengeschwindigkeit
von 60 km/h zu erreichen (Mittelklassewagen der frühen Dreißiger
Jahre wie etwa der Škoda 422 (1930), der Tatra 54 (1931) oder der
DKW Meisterklasse 601 (1932) erreichten damals Höchstgeschwindigkeiten
von rund 75 km/h (70). Der Gatter-Wagen hatte
eine Länge von 2,60 Metern, war luftgekühlt mit zwei Ventilatoren,
besaß einen Handstarter und bot zwei Personen mit Gepäck Platz.
Das Fahrzeug verfügte über zwei Vorwärtsgänge, besaß jedoch noch
keinen Rückwärtsgang. Hatten frühe Modelle einen fabrikatsfremden
englischen Villiers Zweitaktmotor, so entwickelte Gatter ab 1932
eigene Motoren, die bei der Firma Julius Winkler in Warnsdorf, einer
Gießerei und Armaturenfabrik, gegossen wurden (71).
Ab 1932 wurde auch die Karosserie eleganter gestaltet und die vormals
steile Windschutzscheibe aerodynamisch nach hinten gekippt. Die
Sitze des 1932er Modells waren mit strapazierfähigem Cordsamt bezogen,
auf Wunsch konnte der Wagen noch mit einem zusätzlichen Schonbezug
für Sitze und Innenwände ausgestattet werden, der mit Druckknöpfen
angebracht war und so zum Waschen leicht entfernt werden konnte.
Dieser Wagentyp besaß nur eine Türe, die auf der Beifahrerseite
angebracht war. Die Galanterie verlangte damals schließlich eine
Türe für den weiblichen Beifahrer, während sich der Fahrer selbst,
sportlich aus dem Wagen schwang (72).
Modelle ab 1933 wurden dann mit einer zusätzlichen Fahrertüre ausgestattet,
was dem Kundenwunsch entsprochen haben dürfte. Es wurden nun Viersitzer
mit Fließheck und einem von außen zugänglichem Kofferraum produziert.
Alle Modelle ab 1933 waren serienmäßig auch mit einem Rückwärtsgang
ausgestattet. Dies bot nicht nur mehr Fahrkomfort denn nun musste
man den Wagen nicht mehr wenden um eine kurze Wegstrecke in entgegengesetzter
Richtung zurückzulegen, es bot auch mehr Sicherheit. Von nun konnten
steile Straßenstücke des bergigen Nord-Böhmens bei der Vorwärtsfahrt
auch im Rückwärtsgang überwunden werden, da dieser der Gang mit
der kleinsten Übersetzung war und folglich mitbremste. 1933 erreichten
die Gatter Wagen mit ihren nunmehr 10 PS eine Geschwindigkeit von
75 km/h (73).
Um das Gewicht des "Kleinen Gatter" zu minimieren wurde bei der
Konstruktion auf äußerst leichte Materialien gesetzt. Bei jeder
verarbeiteten Schraube wurde peinlich auf die Länge geachtet, denn
jeder Milimeter, jedes Gramm zuviel, bedeutete auf das ganze Fahrzeug
bemessen, eine beträchtiche Erhöhung des Gewichts. Willibald Gatters
Bruder Maximilian, der als Karosseriebauer im Gatter'schen Autowerk
arbeitete, schuf 1933 einen sportlicheren, stromlinienförmigeren
Aufbau für das zarte Fahrgestell des Kleinen Gatter. Der Wagen,
wenn auch anmutig im Design, erwies sich aber als äußerst schwerfällig
und wollte mit seiner massiven Karosserie nicht so recht auf Touren
kommen. Mit seinem leuchtend gelben Lack ging er als "gelber Blender"
in die Geschichte des Autowerkes ein. Maximilian zeigte sich jedoch
unbeeindruckt vom Spott seiner Brüder. An Wochenenden führte er
seinen Sportwagen unbeirrt aus, denn um jungen Damen zu imponieren,
taugte der Blender allemal (74).
Im Dezember 1933 berichtete die Sudetendeutsche Tageszeitung über
eine Probefahrt mit Gatters Modell 34, welches sich auch in einem
schwierigen Gelände bei Fahrten in den bergigen nordböhmischen Randgebieten
"bestens bewährt" habe: "Auf einer Rundfahrt von Tetschen-Bodenbach
auf der steilen Schneebergstraße durch Peiperz nach Kalmswiese und
über Biela zurück fuhr der kleine Wagen ohne jeden Anstand und bewies
damit seine außerordentliche Leistungsfähigkeit seines Motores.
Auch im Äußeren macht der Wagen einen sehr vorteilhaften Eindruck.
Er ist ein kleines 4-Sitzer-Kabriolett, das sich sowohl offen als
auch vollkommen geschlossen fahren läßt. Durch die Verlagerung des
Radstandes beim neuen Modell ist es möglich geworden, hinter den
Rohrklappsesseln noch einen Hintersitz unter Dach unterzubringen.
Außerdem ist von der Rückseite noch ein kleiner Kofferraum vorgesehen.
Die maschinelle Ausstattung ist beim neuen Modell die gleiche wie
bei großen Wagen. Elektrische Boschausrüstung, Kardanantrieb, Zahnstangenlenkung
und Innnenbackenbremsen. Die leichte Zugänglichkeit und die sinnvolle
Bauart der Maschine zeigen, daß hier erfahrene Fachleute am Werke
sind. Die fahrtechnischen Leistungen des Gatterwagens sind durch
seine vielen Zuverlässigkeitsfahrten erwiesen. Auf der Tatrasternfahrt
fuhr der Wagen in 3 Tagen von Reichenberg über die steilsten Alpenpässe
nach Triest und wieder hinauf in die Hohe Tatra. Der kleine Gatter
ist ein ideales Fahrzeug für den Reisenden und für die kleine Familie.
Der Preis von 14.800 Kronen und vor allem die geringen Instandhaltungskosten
dieses leichten Wagens sowie seine einfache Bedienung machen ihn
zu einem wahrhaften Volkswagen." (75)
Mitte
der Dreißiger Jahre hatte sich das Gatter Autowerk in Reichstadt
zahlreicher Übernahmeversuche zur erwehren, so etwa 1934 dem der
sächsischen Wanderer Werke oder Anfang 1935 dem von Škoda. Der tschechische
Automobilproduzent hatte 1925 die Werke von Laurin & Klement im
nahen Jungbunzlau (Mladá Boleslav) übernommen und sah im Gatter
Wagen eine Konkurrenz für seine im Vorjahr auf den Markt gekommenen
Modelle Rapid und Popular. Ihr Fahrgestell und ihre Leistung ähnelte
stark denen des Kleinen Gatter: Ein Zentralrohr, durch das die Kardanwelle
lief, wurde als Rahmen verwendet, an welchem das Differenzial mit
Schwing- bzw. Pendelachse hinten und das Triebwerk und die Vorderachse
vorne angeschraubt waren. Dazu kam eine aufgesetzte Karosserie mit
Kofferraum. Mit seinen 18 PS und einem Motor von 905 ccm brachte
es der Popular auf gerade einmal 80 km/h - der Geschwindigkeit von
Gatters Modell 35. Allerdings waren die Betriebskosten des Popular
aufgrund seines weit größeren Motors ungleich höher. Auch lag der
Preis des Škoda Wagens mit 28.400 tschechischen Kronen fast beim
Doppelten des Kleinen Gatter (15.800 im Jahr 1935) (76).
In seine Reichstädter Zeit fielen auch die Anfänge von Willibald
Gatters politischer Betätigung und seine ersten politischen und
wirtschaftswissenschaftlichen Schriften zur Lage der Nation, die
er für diverse deutschsprachige Zeitungen des Sudetenlandes verfasste.
Bereits 1929 stieß er zum Reichstädter Kreis, einem Zirkel engagierter
und politisierter Intellektueller, der allwöchentlich im Hause des
Direktors der Reichstädter Hochschule für Forstwirtschaft, Schmid
zusammentraf. In der Hoffnung auf eine Internationalisierung des
Sudetenproblems richtete der Reichstädter Kreis im Jahr 1930 eine
von insgesamt 24 sudetendeutschen Petitionen an den Völkerbund,
die zwischen 1920 und 1931 bei diesem Organ eingingen und die Unterdrückung
der deutschen Minderheit in der Tschechoslowakei anprangerten. Sie
alle verhallten im Nichts. So ist es nicht verwunderlich, dass wir
Gatter im Oktober 1933 als Mitstreiter Konrad Henleins auf der Gründungsveranstaltung
der Sudetendeutschen Heimatfront wiederfinden.
Gatter
bereist in jener Zeit das gesamte nördliche Sudetenland. Er fährt
Autorennen und hält Reden und politische Vorträge, in welchen er
eine sudetendeutsche Autonomie innerhalb der Tschechoslowakei fordert
(77). Die auf seinen Reisen gesammelten Eindrücke
zur zunehmenden Verelendung und Verarmung der deutschen Minderheit
sowie der wachsenden Arbeitslosigkeit, fanden Eingang in seine 1935
in Deutsch und Tschechisch publizierte wirschaftspolitische Studie
"Weg aus der Krise" (78). Willibald Gatters
Onkel, der Karlsbader Kurarzt Arnold Gatter (1870-1941) kommentiert
sie in einem Brief: "Deine Schrift habe ich mit Anteilnahme gelesen
und so viele wertvolle Gedanken und Anregungen darin gefunden. Aber
man wird fast schon müde sich mit diesen großen und schweren wichtigen
Fragen der Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu befassen.
In Parlamenten wird soviel gesprochen über Besserungspläne. Minister
beraten und zerbrechen sich die Köpf, Diplomaten aller Länder kommen
an den schönsten Orten der Welt zusammen, aber das Ergebnis ist
immer ein Nichts und das Elend der Landeswirtschaft und Weltwirtschaft
geht immer weiter, alles bricht zusammen, stöhnt und seufzt und
muss hilflos zuschauen. Möge es Dir vielleicht gelingen eine Feder
auszulösen, die die Räder der Maschine bis zum Anlaufen bringen."
(79)
Die
Wirtschaftskrise, welche die Tschechoslowakei in den Dreißiger Jahren
zunehmend erfasste, ging auch am Autowerk Gatter nicht spurlos vorüber.
Gatters wichtigste Klientel, die sudetendeutsche Mittelschicht,
die am stärksten von der Krise betroffen war, verarmte rasch. Im
Winter 1932/33 stellten die Sudetendeutschen zwei Drittel der 920.000
Arbeitslosen der Tschechoslowakei. Dies lag zum einen im Sprachgesetz
von 1920 begründet, dessen Durchführungsverordnung "schikanöse Bedingungen"
für die von deutschen Beamten abzulegende tschechische Sprachprüfung
beinhaltete. Zehntausende von Deutschen verloren daraufhin ihre
Posten im Staatsdienst (80). Zum anderen waren
die sudetendeutschen Gebiete stärker von der Weltwirtschaftskrise
betroffen, als das weniger industrialisierte tschechische Kernland.
Mit dem Ausbruch der Krise brachen die Außenmärkte der mittelständischen
Leichtindustrie des traditionell exportorientierten Sudetenlandes
zusammen (81). So halbierten sich zwischen
1929 und 1935 das Realeinkommen in der Tschechoslowakei, während
die Lebenshaltungskosten im gleichen Zeitraum lediglich um ein Sechstel
sanken (82).
Selbst
günstige "Volksautos" konnte sich der kleine Mann nun bald nicht
mehr leisten. Aufgrund zunehmender Feindseligkeit zwischen Tschechen
und Deutschen fiel Mitte der Dreißiger Jahre auch noch der tschechische
Käuferkreis des Autowerks Gatter als Kunden aus. Arnold Gatters
Brief an den Autokonstrukteur gibt 1935 beredt Zeugnis dieses wirtschaftlichen
Niedergangs: "Ich gehöre zwar selbst auch der sudetendeutschen
Heimatfront an, habe mich aber darin nicht weiter beiteiligt, weil
man leider in ungeahnter Weise selbst solche Lebensschwierigkeiten
und Sorgen hat, die die Grenzschwierigkeiten und Devisenhindernisse
für meine Praxis und Erwerb mit sich gebracht haben. Man hat jetzt
wirklich nur mit sich selbst zu tun und das in einer Zeit, wo man
nach 40 jähriger Tätigkeit den Wunsch und das Verlangen hätte ruhiger
und sorgloser zu leben. Wer hätte gedacht dass es so kommen würde
... Du bist mit Deinem Unternehmen auch in eine schwere Zeit geraten,
die bisher nicht glückbringend sein konnte. So geht es, schöne Pläne
können nicht verwirklicht werden, die Hindernisse für die noch jüngeren
Leute sind so schwer zu überwinden, für die älteren zerfließt das
Erwerben und wird die Ruhe des reifen Alters erschüttert." (83)
Es
war jedoch auch die sich seit 1933 verstärkende Ressourcenverknappung,
an Material wie an qualifizierten Arbeitskräften, welche die tschechische
Automobilindustrie, und ganz besonders die Kleinwagenproduzenten
vor oft unlösbare Probleme stellte. Durch die konjunkturelle Erholung
im Deutschen Reich nach der Machtübernahme Hitlers sowie dessen
forcierte Aufrüstung kam es bald zu Materialengpässen bei hochwertigem
Stahl, Kupfer und Gummi. Viele seiner Werkstoffe bezog Gatter aus
dem Reich, vor allem aus Chemnitz mit seiner großen Maschinenindustrie.
Die sächsische Grenze lag ja nur knapp 20 Kilometer von Reichstadt
entfernt und die wirtschaftliche Anbindung des nördlichen Sudetenlandes
an Sachsen war in vieler Hinsicht enger als an das tschechische
Kernland. Seit 1934 stiegen auch die Importkosten für Reifen und
Bleche und ab dem Winter 1934/35 wurde die Materialverknappung in
der Tschechoslowakei zur Normalität: Beim Kleinen Gatter führte
dies zu bedeutenden Produktionsrückgängen und einer sich immer weiter
öffnenden Schere zwischen Angebot und Nachfrage.
Kunden
des Gatterwerkes mussten nun lange Lieferzeiten in Kauf nehmen.
Da dies anderen Autoherstellern ähnlich erging, stiegen die Preise
für Gebrauchtwagen stark an. In der Automobilindustrie der Tschechoslowakei
führte die Materialverknappung auch zu einer Rationalisierung der
Produktion. Typenbegrenzung und ein Rückzug vieler kapitalstarker
Autohersteller aus dem Kleinwagensegment waren die Folge. Mit größeren
Wagen ließen sich weiterhin hohe Gewinne erzielen, vor allem im
Export (84). Da das Gatterwerk ausschließlich
Kleinwagen baute und seine gesamten Fertigungsanlagen auf diese
Wagenklasse spezialisiert waren, erwies sich eine Diversifikation
der Produktion als äußerst schwierig. Steigende Materialkosten zwangen
das Gatterwerk die Preise für seinen Wagen über die Jahre langsam
anzuheben. Kostete ein Kleiner Gatter 1930 noch 12.800 Kronen, war
der Preis bis 1935 auf 15.800 Kronen gestiegen (von umgerechnet
rund 1000 auf 1250 Reichsmark). Der Wagen blieb freilich auch damit
das billigste Automobil auf dem tschechoslowakischen und deutschen
Markt (85).
Doch
auch die Importbeschränkungen des Deutschen Reiches machten dem
Gatterwerk zusehends zu schaffen. Ab 1931 schrieb das Reichsverkehrsministerium
Behörden den Kauf von Wagen vor, bei denen drei Viertel der Wertschöpfung
in Deutschland erbracht wurden. Ab 1933 setzten die Nationalsozialisten
diese Politik fort und versuchten den Marktanteil von Importwagen
durch Zölle, Kontingentierungen und Marktdiskriminierungen weiter
zu reduzieren. So fielen bald auch die sächsischen und fränkischen
Märkte für das Gatterwerk weg (86). Die Abwanderung
einer Anzahl qualifizierter Techniker und Monteure ins Deutsche
Reich, wo in der boomenden Rüstungs- und Automobilindustrie (87)
wesentlich höhere Löhne bezahlt wurden, schwächten das Gatterwerk
weiter. Eine Zeit lang konnte sich der Betrieb noch durch die Produktion
von Nutzfahrzeugen, etwa kleinen Last- und Lieferwagen und der Reparatur
bereits laufender Gatter-Wagen am Leben erhalten (88).
Auch bemühte sich Gatter um öffentliche Aufträge zum Bau von Spezialfahrzeugen
für die Eisenbahn, doch aufgrund seiner Volkszugehörigkeit und seiner
politischen Aktivität konnte er von Seiten der tschechoslowakischen
Regierung auf kein Entgegenkommen hoffen.
In
einem Brief vom 20. März 1935 beschreibt Gatter die Lage des Autowerks
und gibt seiner Hoffnung Ausdruck, dass die nahen Wahlen einen politischen
Wandel zugunsten der deutschen Minderheit herbeiführen könnten:
"In unserem Autobau ist es in der letzten Zeit mit neuen Wagen
auch nicht besonders gegangen, da der Mittelstand auch am Ende ist.
Da wir doch aber schon eine Unmenge Wagen laufen haben, so gibts
ja da doch immer Arbeit mit der Instandsetzung und im Umtausch gebrauchter
Wägen, sodass die Arbeit nie ganz abreisst. Augenblicklich habe
ich den ersten neuen Wagen Modell 35 in Arbeit, mit dem ich dann
möglicherweise nach Fertigstellung auch mal nach Eger fahren will.
Ich habe mich jetzt um Staatsaufträge für viersitzige Autodräsinen
für die Eisenbahn beworben. Die Konkurrenz mit 50.000 ich mit 20
Tausend [Kronen pro Stück]. Trotzdem die technische Beurteilung
beim Eisenbahnminist. einwandfrei war kann ich die Auftragserteilung
aus nationalen Gründen nicht erreichen. Vielleicht gelingt es mir
aber nach den Wahlen auf politischem Wege, da ich durch die Heimatfront
gute Verbindungen habe." (89)
Willibald
Gatter engagierte sich 1935 als Wahlkämpfer und Redner der Partei,
strebte jedoch selbst kein Mandat an. Mit 1,2 Millionen Stimmen
und 15,2 Prozent Wähleranteil ging die Sudetendeutsche Heimatfront
- umbenannt in Sudetendeutsche Partei - als stärkste Partei der
Tschechoslowakei aus den Wahlen vom 19. Mai 1935 hervor. Im Abgeordnetenhaus
wurde sie nach der tschechisch-republikanischen Partei der Agrarier
(90) zur zweitstärksten Fraktion mit 44 der
66 deutschen Sitzen (91). Dennoch wurde die
Sudetendeutsche Partei nicht an der Regierungsbildung beteiligt,
wodurch sich der Eindruck unter den Sudetendeutschen verstärkte,
eine Gruppe minderen Rechts zu sein. Die Deutschen stellten 1930
immerhin 22,3 % der Bevölkerung der Tschechoslowakei, in Böhmen
sogar 33,4 % (92).
In
der Hoffnung betrogen, die Politik könne eine Wende für die bedrängte
Lage der Deutschen herbeiführen und den wirtschaftlich darniederliegenden
Sudetengebieten neues Leben einhauchen, war das Autowerk Gatter
im Jahr 1936 gezwungen zu schließen. Gegenüber dem Bezirksamt der
Stadt Niemes begründet Gatter diesen Schritt so: "Infolge der Wirtschaftskrise
wurde der Kreis der zahlungsfähigen Käufer immer geringer und meine
Verluste und Aussenstände immer grösser. Mangels Kapital konnte
ich die Erzeugung nicht weiter aufrecht erhalten und wurde ein Opfer
der Wirtschaftskrise. Sogar kapitalkräftige Autounternehmungen wie
ŠKODA und PRAGA erlitten eine starke Einbusse an ihrem Absatz, obwohl
sie nicht nur Autos erzeugten, sondern auch andere Artikel. Ich
bin jedoch auf die Erzeugung von Autos allein angewiesen und musste
mich von vornherein an die wirtschaftlich schwächeren Kreise halten,
da ich nur Kleinautos erzeugte. Umso wuchtiger trafen mich die Wirkungen
der Krise." (93)
Der tschechische Historiker Miroslav Sovadina vermerkte hierzu:
"In den Dreißiger Jahren waren fast alle Automobil-Kleinproduzenten
gezwungen ihre Produktion einzustellen, wenngleich manche ihrer
Erzeugnisse von guter technischer Qualität waren und sie oft auch
fortschrittliche technische Lösungen anboten und so Lücken im Produktionsprogramm
der großen Automobilwerke ausfüllen konnten. Das galt ganz besonders
in der Klasse der Kleinfahrzeuge. Doch aufgrund der schwierigen
Wirtschaftslage konnten sie sich im harten Konkurrenzkampf mit den
großen, kapitalstarken Autoproduzenten nicht behaupten. So verlief
auch der Schicksalskampf des heute fast unbekannten Automobilwerkes
GATTER." (94)
Ende 1936 kehrte Willibald Gatter der Tschechoslowakei den Rücken
und zog ins Deutsche Reich. Hier arbeitete er zunächst in Rosslau
an der Elbe bei der Firma Gebrüder Sachsenberg als Leiter der Abteilung
zur Entwicklung von Schiffsmotoren. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges
wechselte Gatter in die Rüstungsindustrie. Bei der Firma Jahns Regulatoren
in Offenbach am Main, welche vor dem Krieg auf Axialkolbenpumpen
für Pressen und Rudermaschinen sowie Wasserturbinenregler spezialisiert
war, ist Gatter bis 1943 für die Entwicklung und Erprobung von Flugmotoren-Einspritzpumpen,
Verstellpropellern und der Verbesserung der Sturzflugautomatik für
Kampfflugzeuge der Firmen Heinkel und Junkers zuständig. Von April
bis Dezember 1943 betreibt Willibald Gatter bei der Firma Gebrüder
L'Orange in Stuttgart-Feuerbach die Weiterentwicklung des Jumo 213
A-1, eines Motors der in den Junkers Kampfbombern Ju 88 und Ju 188
sowie dem Jagdflugzeug Focke-Wulf Fw 190 D zum Einsatz kam. Hier
galt es die Geräteantriebe und Ölzuführung für den Verstellpropeller
so zu verändern, dass ein Motortunnel für den Einbau von Waffen,
die durch die Propellernabe feuern konnten, freiblieb. Gatters Experimentalversion
für den Motorkanoneneinbau ging ab Ende 1944 als Jumo 213 C-1 in
Serie (95).
Auch privat hielt sich Gatter seit Ende der Dreißiger Jahre häufiger
in Stuttgart auf, da seine Brüder Arthur und Arnold seit Anschluss
des Sudetenlandes ans Reich hier ebenfalls in Rüstungsbetrieben
tätig waren. In Stuttgart lernte Willibald Gatter 1939 auch die
in Kirchheim unter Teck gebürtige Emilie Hoyler (1911-1992) kennen
und heiratete sie im folgenden Jahr. Zusammen mit seinem Bruder
Arnold, ebenfalls Ingenieur, meldete Willibald Gatter 1938 ein Patent
für die "Luftkühlung für Ringschiebermotoren" an.
Aufgrund
des Krieges wird die Patenterteilung erst im April 1941 öffentlich
gemacht. Eine Erlaubnis zur Anmeldung des Patents im feindlichen
Ausland wird wegen der "Kriegsrelevanz" der Erfindung nicht erteilt
(96). (Abb. 29) Aufgrund der permanenten Fliegerangriffe
der Alliierten auf die deutsche Flugzeugindustrie wurden wichtige
Teile in den scheinbar ungefährdeten Osten evakuiert. 1944 wurde
auch die junge Familie Gatter in Offenbach am Main ausgebombt, blieb
aber unverletzt. Ihr Haus aber wurde durch die Explosion einer Luftmine
unbewohnbar, viele Nachbarn starben.
Willibald Gatter sah im Unglück auch die Chance einer Rückkehr in
die Heimat, in das nun deutsche "Protektorat Böhmen". In den von
der Wehrmacht requirierten Letov-Werken in Prag arbeitete er auf
Empfehlung des Reichsluftfahrtministeriums ab Januar 1944 für Junkers
an der Entwicklung der Kampflugzeuge Ju 288 C und der Ju 290 (97).
Doch spätestens als am 28. Februar 1945 vom Jägerstab der deutschen
Wehrmacht ein "Jägernotprogramm" aufgestellt wurde, das nur noch
den Bau bestimmter Flugzeugtypen zuließ, um so Kosten zu senken
und wertvolle Rohstoffe zu sparen, war für Gatter klar, dass der
Krieg für Deutschland verloren war. Als die sowjetische Armee im
April 1945 vor Prag stand, entschloss er sich mit seiner Familie
zur Flucht ins Reich.
Willibald
Gatters Frau Emmy erinnert sich an jene Zeit: "Der Krieg wurde
immer härter. Willy musste sonntags zu Wehrübungen. Der furchtbare
Angriff auf Dresden wurde bis in Prag gehört. Wir bekamen es auch
mit der Angst. Am 20. April nachmittags rief Willy an. In einer
Stunde komme ein Wehrmacht-Lastzug um mich und die Kinder mitzunehmen.
Ich sollte nur das Allernötigste mitnehmen, aber mein Fahrrad und
das von Fritzle. Für die Kinder, vor allem für Wulf packte ich Wäsche.
So ließ ich alles zurück... Die Soldaten fuhren in der Nacht. Unter
Tag war das Fahren zu gefährlich und wir lagerten in einer Schule.
Ich vermochte dann Milch zu erbetteln, natürlich gegen Geld um den
Kindern etwas geben zu können. An einem Sonntag Morgen gelangten
wir bei Furth im Walde über die Grenze ins Reich, die nächste Nacht
ging es weiter bis Landshut an der Isar. Früh um 3 Uhr kam ich dort
an und wurde einquartiert, das Haus war ziemlich zerbombt ... Aber
man sagte gleich, daß ich am Morgen etwas anderes suchen müsse.
Auch erwarte man den Einmarsch der Amerikaner und es gab keine Lebensmittelkarten
mehr. Die Geschäfte waren größtenteils geplündert ... Ich fand in
einer Schenke ein Zimmer, dort war der Mann auch im Felde. Ich wäre
gerne weitergezogen, aber wie? Es ging kein Zug mehr. Ich meldete
mich am Rathaus, bekam keinerlei Hilfe und auch keinen Passierschein.
Man durfte nur im Umkreis von 5 Kilometern sich bewegen. Es wurde
täglich beklemmender. Ich bekam kein Brot und auch keine anderen
Lebensmittel. Nach dem Einzug der Amerikaner versuchte ich mich
mit meinen Kindern doch auf den Weg zu machen. Fritzle fuhr mit
dem alten Kinderrad und ich mit meinem. Wir kamen am ersten Tag
bis Pfaffenhofen [Pfaffenhausen, 24 km von Landshut] und ich bat
von Haus zu Haus um ein Nachtquartier. Am anderen Morgen ging es
weiter, es war ein regnerischer Tag. Den Wulf hatte ich vorne auf
dem Kindersitz in sein weißes Mäntelchen eingepackt. Es war der
9. Mai. Die nächsten Dinge erfuhr ich viele Tage später von Fritzle.
Irgendein Fahrzeug hat mich regelrecht gerammt. Die Kinder weinten
und ich lag bewußtlos und blutüberströmt im Straßengraben."
(98)
Zwei schwarze amerikanische Soldaten lasen Emmy Gatter schließlich
auf und fuhren sie und die Kinder in ein Krankenhaus. Der Arzt weigerte
sich jedoch die Schwerverletzte aufzunehmen. Die Frau, so sagte
er, würde sowieso sterben, denn sie habe einen Schädelbruch. Unter
vorgehaltener Pistole zwangen die Soldaten den Arzt sie dennoch
zu behandeln und drohten ihn zu erschießen, sollten sie Emmy Gatter
bei ihrer Rückkehr in einigen Tagen nicht lebend antreffen. Die
Kinder Wulf und Fritz quartierten die GIs in einem Waisenhaus ein
und versorgten sie noch mit Kaugummis und Schokolade (99).
Am
27. April 1945, wenige Tage vor dem Prager Aufstand der unter dem
Kampfruf "Smrt Nemcum!" - Tod den Deutschen! eine wahre Mordorgie
lostrat, flüchtete Willy Gatter aus Prag. Er schloss sich zunächst
fliehenden deutschen Soldaten an, sprang auf Züge auf, umging die
Städte des Nachts zu Fuß und verbarg sich tagsüber in den Wäldern.
Am 7. Mai kam er schließlich in Kirchheim unter Teck an und hoffte
hier seine Frau und Kinder wiederzusehen. Zu seinem Entsetzen empfing
ihn seine Schiegermutter Emilie Hoyler (100)
mit den Worten "und wo ist Deine Frau?" Sich schwere Vorwürfe machend,
begab sich Gatter auf die Suche in den unzähligen Auffanglagern
für Flüchtlinge aus dem Sudetenland, doch ohne Erfolg. Wochen später
- Emmy Gatter hatte sich langsam von ihrem schweren Unfall erholt
- gelang es ihr schließlich mit der Familie in Kirchheim Kontakt
aufzunehmen und heimgeholt zu werden. Mittellos fand sich die Familie
nun in Württemberg, fast alles, was von Wert war, hatten sie in
Prag zurücklassen müssen. Besonders schmerzhaft die vielen Erinnerungsstücke,
so etwa das Familiensilber aus dem Besitz von Emmy Gatters Urgroßvater
Cyriacus Schmid (1809-1898), Bürgermeister in Bissingen an der Teck
oder die vergoldeten Epauletten ihres Großvaters Wilhelm Schmid
(1857-1933), vom Ulanenregiment zu Ulm.
Krieg und Vertreibung haben die böhmische Familie Gatter in alle
Winde zerstreut. Willibald Gatters Bruder Rudolf und die Schwester
Frieda hatte das Schicksal ebenfalls nach Württemberg geführt, Arthur
hatte es nach Thüringen verschlagen. Die Brüder Arnold und Fritz
waren an der Ostfront gefallen. Fritzens Witwe Annel hatte sich
mit ihren Kindern über die Grenze nach Bayern retten können. Maximilian
aber - der später auch in Württemberg eine neue Heimat finden sollte
- verließ die Tschechoslowakei erst nach Jahren schwerster Zwangsarbeit
in einem tschechischen Uranbergwerk. Kirchheim kam im April 1945
unter amerikanische Militärverwaltung. Als Rüstungsingenieur wurde
Gatter nach Kriegsende verhaftet und mit anderen leitenden Ingenieuren
des Kreises Nürtingen zum Verhör nach Stuttgart gebracht. Nach seiner
Entlastung im Entnazifizierungsverfahren wurde Willibald Gatter
vom Pariser Luftfahrtministerium im Lindauer Bereich zur Konstruktion
von Flugzeugmotoren angeworben. Nach einer ersten Phase wilder "exploitation"
(Ausbeutung) mit einer Demontagewelle war die französische Besatzungsmacht
seit Herbst 1945 "zu behutsameren Formen der Nutzbarmachung des
technisch-industriellen Potentials" in ihrer Zone übergegangen (101).
Der
im Juli unter französische Verwaltung gestellte oberschwäbische
Raum, insbesondere die Kreise Friedrichshafen und Lindau, hatte
sich in den beiden Weltkriegen zu einem Rüstungszentrum ersten Ranges
entwickelt. 1945 entstanden hier Zweigwerke der französischen Flugzeugindustrie,
so das Atelier Aéronautique de Rickenbach, das Centre Technique
de Wasserburg und das Zentrum für Triebwerksentwicklung in Bregenz
am Bodensee (Turboméca). Bis in den Sommer 1946 hinein wurden so
rund 500 Fachkräfte aus darniederliegenden deutschen Flugzeugunternehmen
im gesamten ehemaligen Reichsgebiet angeworben. Die Franzosen machten
sich dabei die Rechtfertigung deutscher Techniker zunutze, nämlich
"in ihrem primär der gesamten Menschheit dienenden Forscherdrang
nur von der Kriegsmaschinerie des Dritten Reiches mißbraucht worden
zu sein" (102). So kam es zur Übernahme ganzer
Arbeitsgruppen deutscher Waffentechniker bei möglichst intakt belassenen
dienstlichen Strukturen und großzügiger politischer Überprüfung
durch die Securité Militaire (103). Unbekümmert
missachteten die Franzosen damit die Bestimmungen des Potsdamer
Abkommens über das Verbot der Fortführung von Rüstungsproduktion
im besetzten Deutschland.
Auch
eine Reihe ehemaliger Junkers-Techniker, darunter Willibald Gatter,
wurde im Winter 1945/46 von den Franzosen für die Turboméca angeworben.
Im ehemaligen Dornier-Werk in Bregenz-Tannenbach war Gatter Teil
eines 120-köpfigen Teams von Triebwerksspezialisten unter Leitung
von Fritz Nallinger, dem späteren Chefkonstrukteur von Daimler-Benz.
Gatter erhielt ein Gehalt von 750 Reichsmark nebst verdoppelter
Lebensmittelzuteilung und verpflichtete sich "gegenüber jeder
Person, die Ihnen die Turbomeca nicht ausdrücklich für die Einweihung
bezeichnet, absolutes Stillschweigen über Ihre Erfindungen als auch
über alle Studien und Verwirklichungen, von denen Sie im Laufe Ihrer
Tätigkeit für die Turboméca Kenntnis erhalten, zu wahren." (104)
Hier arbeitete Gatter an der Entwicklung schwerer Triebwerke (Gasturbinen
mit 6000 kp Schub) für das Transozean-Flugzeug Ultra Rapid/UR-1.
Dieses "Huckepack"-Düsenflugzeug sollte von einem viermotorigen
Trägerflugzeug in große Höhen über den Atlantik verbracht werden,
um dann - ausgeklinkt - mit eigener Antriebskraft den Rest der Strecke
bis nach Amerika mit Höchstgeschwindigkeit zu bewältigen.
Im
April 1946 erging ein Schreiben Nallingers an die Ingenieure und
informierte sie in hölzerner Sprache über die geplante Verlagerung
des Zweigwerkes nach Südfrankreich: "Der Präsident unserer Gesellschaft
hat bestimmt, dass die nach Frankreich vorgesehene Übersiedlung
des Büros am 25.5.46 stattfinden soll. Im Auftrage des Herrn Präsidenten
teile ich Ihnen mit, dass Sie für diese Übersiedlung vorgesehen
sind. Die Reise findet geschlossen in einem Sonderzug statt, der
außer dem gesamten Personal auch das Reisegepäck und dergl. mit
sich führt. Es ist vorgesehen, dass, von der Wohnungsfrage ausgehend,
vorläufig nur die Herren Ingenieure ohne ihre Familien nach dort
übersiedeln, und dass dann später nach Maßgabe der Wohnungsbeschaffung
die Familie nachgezogen wird. Die Unterbringung der Ingenieure geschieht
in Hotels ... es ist zweckmäßig, für die Reise sich mit Reisedecken
zu versehen" (105). Für die zurückbleibenden
Familien sollten über französische Verbindungsoffiziere Schutzbriefe
ausgestellt werden. Doch Gatter lehnte das Angebot ab und kehrte
im September 1946 nach Kirchheim zurück. Vor sich selbst mochte
er es rechtfertigen können auf deutschem Boden und unter deutscher
Leitung für die Besatzer zu arbeiten, doch ins feindliche Frankreich
zu ziehen, um dort den ehemaligen Gegner aufzurüsten, widersprach
seinen Idealen. Zu unverwunden waren noch der Krieg, der Tod seiner
Brüder an der Ostfront und der Verlust der böhmischen Heimat. Auch
die vagen Aussagen zur Familienzusammenführung und die ungeklärten
Schulverhältnisse für seine Kinder, trübten das lukrative Angebot.
Zurück
in Kirchheim, richtete Gatter ein Ingenieurs- und Konstruktionsbüro
ein und bemühte sich um Aufträge aus der Automobilindustrie. Er
speziallisierte sich auf "Motoren und Fahrzeugbau, Sonder-Werkzeugmaschinen,
hydraulische Steuerungen, Automaten und Regeltechnik" (106).
Aus dieser Zeit stammen mehrere Patente Gatters für ölhydraulische
Hochdruckpumpen (107). 1951 beauftragte ihn
Ferry Porsche, Sohn seines im selben Jahr verstorbenen Weggefährten
Ferdinand Porsche, mit der Entwicklung von Teleskopstoßdämpfern
für den Porsche 356, den ersten Porsche Sportwagen, und für den
sogenannten Brezelkäfer, den VW Typ 11, welcher nach dem Krieg in
Serie gegangen war. Im Januar 1952 meldete Gatter dazu ein Patent
zu "Steuerung des Dämpferwiderstandes von hydraulischen Teleskop-Stoßdämpfern"
an (108). (Abb. 31) In den Fünfziger Jahren
plante Willibald Gatter auch eine Neuauflage seines Auto-Erfolges
und entwarf einen preisgünstigen Kleinstwagen. In der Kirchheimer
Krebenstraße, dort wo heute die Hallen des Segelflugzeugherstellers
Schempp-Hirth liegen, baute er den Prototyp des "Gatter Mini", eines
Wagens mit 300 ccm Motor und von der Leistungsstärke einem Goggomobil
vergleichbar. In der Region um die Teck erprobte er das Fahrzeug
auf seine Leistungsfähigkeit und jagte es unzählige Male die damals
noch ungeteerte Ochsenwanger Steige hinauf und wieder hinab.
Trotz
hervorragender Fahreigenschaften und eines Verbrauchs von nur zweieinhalb
Litern auf 100 km sollte es nie zur Serienproduktion kommen. Mit
dem anbrechenden deutschen Wirtschaftswunder schwand das Interesse
der Verbraucher für Klein- und Kleinstwagen, und auch zunächst erfolgreiche
Modelle wie die BMW Isetta (1955-1962), Lloyd (1953-1961) und der
Messerschmitt Kabinenroller (1953-1964) wurden seit Ende der Fünfziger
Jahre in immer geringeren Stückzahlen produziert und schließlich
ganz verdrängt. Allein das seit 1955 produzierte Goggomobil vermochte
den großen Straßenkreuzern amerikanischen Stils noch bis 1969 trotzen.
So wandten sich auch die Investoren, die Gatters Kleinstwagenkonzept
zunächst gefördert hatten, von dem Projekt ab - darunter auch Ferry
Porsche und der Stuttgarter Stoßdämpferfabrikant Herion. Gatter
hatte für die Entwicklung hin zu immer größeren, schwereren Wagen
und zu immer mehr Chrom und Protz nur ein Kopfschütteln übrig: "soviel
Blech für ein paar Kilo Menschenfleisch." (109)
Dass
der erst ab 1945 in Serie gebaute VW-Käfer diese Entwicklung überlebte,
verdankt er einzig dem Umstand, dass er eigentlich nie der "Volkswagen"
war, als der er schlechthin gilt. Der Käfer war nach dem Krieg mit
5000 Reichsmark weder billig in der Anschaffung, noch mit seinen
10 Litern auf 100 Kilometer sparsam im Verbrauch (ab 1946 konnte
der er auf Bezugsschein gekauft werden) (110).
Er war daher eigentlich immer ein Mittelklasse-Wagen gewesen und
wurde in den Fünfziger und Sechziger Jahren zum Liebling der städtischen
Mittelschicht.
Auch
das Zeitalter der Vielfalt in der deutschen Autoindustrie ging nun
zu Ende, und die Automobilbranche erfuhr eine Konzentration hin
zu wenigen kapitalstarken Unternehmen. Selbst einst erfolgreiche
deutsche Autobauer wie NSU, Auto Union (DKW) oder Adler fielen dieser
Entwicklung zum Opfer. Erst in den letzten Jahren, geprägt von hohen
Rohstoffpreisen und der Debatte vom Klimawandel, erfuhren die Klein-
und Kleinstwagen - die "Cityflitzer", wie man sie gerne nennt -
eine Renaissance mit Modellen wie Twingo, Ford Ka, oder KIA Picanto.
Auch große Autobauer wie Daimler-Benz mit dem Smart oder BMW mit
seinem Einstieg bei Rover und der Neuauflage des Mini, konnten sich
diesem Trend nicht entziehen.
Seit
Ende der Vierziger Jahre wandte sich Willibald Gatter wieder verstärkt
politischen Aktivitäten zu. Mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft
setzte er sich aktiv für ein Rückkehrrecht der Sudetendeutschen
ein und für einen Rückerhalt der deutschen Siedlungsgebiete in den
Grenzen des Münchner Abkommens von 1938 (erst mit dem "Normalisierungsvertrag"
zwischen der Bundesrepublik und Tschechoslowakei vom 11. Dezember
1973 sollte dieses Abkommen für nichtig erklärt werden). 1952 gehörte
er zu den Gründungsmitgliedern der Liberal-Sozialistischen Partei
Deutschlands, einer von zahlreichen kleinen Nachkriegsparteien.
Die Partei war aus einem Netzwerk geistesverwandter Denkerinnen
und Denker hervorgegangen die auf unterschiedlichen Wegen nach einer
Synthese von persönlicher Freiheit und sozialer Gerechtigkeit strebten.
Zu ihnen gehörten etwa Leo Tolstoi, Martin Buber, George Sand, Albert
Camus, Emma Goldman, Simone Weil und Rudolf Steiner.
Nachdem
ihre weitsichtigen Warnungen vor dem Kollektivismus und Führerkult
totalitärer Herrschaftssysteme durch die Geschichte bestätigt worden
waren, wandte sich der Liberalsozialismus im Nachkriegsdeutschland
der Aufgabe zu, "die die Marktwirtschaft und Demokratie verfälschende
Konzentration wirtschaftlicher und politischer Macht zu überwinden"
und so einen Sonderweg zwischen westlichem Kapitalismus und östlichem
Kommunismus zu finden (111). Als einer der
Vordenker der Liberal-Sozialistischen Partei entwarf Gatter deren
europäisches Programm für die Bundestagswahlen von 1953, in welchen
er als Bundestagskandidat für den Kreis Nürtingen antrat. Unter
dem Motto "Weder Kapitalismus noch Staatssozialismus" forderte das
Programm weit vor Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
den Aufbau einer europäischen Verfassung, eine gemeinsame europäische
Währung sowie den Abbau von Zollschranken und nahm so die Europa-Politik
der Bundesrepublik teils um Jahrzehnte vorweg.
Auch eine "Europaarmee" galt es ins Leben zu rufen, die "nicht
als Schutztruppe des Kapitalismus, wohl aber zur Verteidigung der
demokratischen Ideale von Freiheit, Menschenwürde und Besitz"
fungieren solle. "Diese muss aus den besitz- und vaterlandslosen
Gesellen ... wieder freie selbstbewußte Männer machen, die in den
Idealen der Gemeinschaft auch ihre eigenen verteidigen. Die Jugend
die Leib und Leben für sie opfern soll, wird mit harter und fester
Hand diese unabdingbaren Forderungen der Gemeinschaft gegen die
maßlose Selbstsucht einer kleinen Minderheit durchsetzen müssen.
Sie wird mit diesem Kampfe das Tor in eine bessere und gerechtere
Welt aufbrechen." Willibald Gatter beschwor auch die Notwendigkeit
eine gemeinsame euopäische Kultur zum Aufblühen zu bringen durch
eine Vereinheitlichung von Maß-, Verkehrs- und Rechtswesen. "Auch
durch Ausgestaltung einer zusätzlichen und vereinfachten universellen
Sprache und Schrift müssen die nicht mehr vertretbaren Hindernisse
einer wahren Völkerverständigung beseitigt werden, um die verwandten
Völker zu gleichem Wollen und gemeinsamer Arbeit zusammen zu führen."
Dies
schloss für Gatter auch die Völker des von der Sowjetunion besetzten
Osteuropas ein: "Die mit Demokratie unvereinbare kommunistische
Gewaltherrschaft muß durch die freiheitliche und soziale Wirtschaftsordnung
und die überragende materielle und geistige Kultur des neuerstehenden
einigen Europas mit friedlichen Mitteln zurückgedrängt werden, um
die Europäer wieder im westlichen Kulturkreis zu vereinigen."
Wichtig war Willibald Gatter aber auch die Unabhängigkeit der Denker,
Forscher und Erfinder, zu denen er ja selbst gehörte. So galt es
die "Ausbeutung der schöpferischen Geistesarbeit" zu beseitigen
und somit die "Hauptwurzel kapitalistischer Machtkonzentration"
auszureißen. Eine Neuordnung des Patent- und Urheberrechts sollte
Erfindern den Weg zu "vollem Arbeitsertrag" bahnen (112).
In seinem wirtschaftspolitischen Spätwerk "Weder Kapitalismus
noch Kommunismus - Europas Liberal-Sozialismus" legte Gatter
1973 die Ziele und Ideale der Partei rückblickend dar (113).
Ende der 1950er Jahre ging die Liberal-Sozialistischen Partei in
der Freisozialen Union (FSU) auf.
Willibald
Gatters wahres Vermächtnis ist jedoch sein "Auto zum Motorrad-Preis",
das als preiswertestes Auto im Europa der Dreißiger Jahre Geschichte
schrieb. 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Vertreibung
der Familie aus Böhmen, ehrte Tschechien den sudetendeutschen Ingenieur
und Automobilpionier mit einer Gedenkplakette. Sie erinnert an den
80. Jahrestag der Automobilproduktion in Reichstadt und Hühnerwasser
und proklamiert Gatter zu seinem 110. Geburtstag als Vater des "Lidového
Auta", des wahren "Volkswagens".
Heute existiert wohl nur noch ein Gatter-Wagen. Es ist ein 1932er
Viersitzer mit Rückwärtsgang und Kettenantrieb. Jiri Beran aus Ceský
Dub (einst Böhmisch Aicha), ein Auto- und Motorradliebhaber, fand
das Fahrzeug in den Siebziger Jahren in einer Scheune im tschechischen
Jicín in einem bedauernswerten Zustand. Mit viel Zeit und Liebe
richtete er es wieder her.
Dass nur einer dieser einst so beliebten Wagen überdauert haben
soll, erklärt sich leicht. Während Wagen aus reichsdeutscher Produktion
1939 zu Kriegszwecken von der Wehrmacht in Böhmen beschlagnahmt
wurden und im Armeebetrieb den Krieg teils überdauerten, mussten
Wagen nicht-reichdeutscher Hersteller - so auch alle Wagen der Marke
Gatter - nach Kriegsbeginn von ihren Besitzern aus Nordböhmen in
Kolonne nach Bautzen in Sachsen gefahren werden, wo sie in einem
Kraftfahrzeugpark der Wehrmacht ausgeschlachtet wurden, um Rohstoffe
für Kriegszwecke zu gewinnen (114). Hier dürften
auch die meisten Gatter Wagen zur Produktion von Waffen und Munition
weiterverwendet worden sein.
Willibald
Gatter besuchte die Tschechoslowakei auch nach Krieg und Vertreibung
wieder. Um seine Heimatstadt Hühnerwasser aber, die als Bestandteil
des Truppenübungsplatzes Ralsko völlig zerstört wurde, schlug er
stets einen großen Bogen. So bewahrte er sich die Erinnerungen an
eine unbeschwerte Kindheit in der großen alten Posthalterei am Markt
und an die glücklichen Stunden bei ersten Bastel- und Konstruktionsarbeiten
in der Werkstätte des Vaters. Den Anblick der Ruinen seines Elternhauses,
auf denen heute - umgeben von ehemals sowjetischen Kasernengebäuden
- ein billiges Fernfahrer-Motel und eine Bushaltestelle stehen,
hätte er wohl nicht ertragen. Am 14. Mai 1973 starb er im Alter
von 77 Jahren in Kirchheim unter Teck.
Fußnoten:
- Tschechen ehren Willibald Gatter
als Erfinder des „Volkswagens“ mit einer Gedenk-Plakette, in:
Der Teckbote vom 28. 12. 2006, S. 18.
- Franz Köhler: Heimat zwischen Jeschken,
Roll und Bösig. Heimatkreis Niemes, Sudetenland, Freiberg 1986
(Kapitel "Die Familie Gatter").
- Michal Prášil: Skoda Heavy Guns:
24 cm Cannon, 38 cm Howitzer, 42 cm Howitzer and Gasoline-electrical
Trains, Atglen/ Pennsylvania 1997.
- Erwin Grestenberger: K. u. k. Befestigungsanlagen
in Tirol und Kärnten, Wien 2000.
- Arbeitszeugnis der Österreichischen
Daimler-Motoren Aktiengesellschaft für Willibald Gatter vom 31.
Dezember 1925 (Privatbesitz). Siehe auch: Wilhelm Elmar: Die k.
u. k. Artillerie-Schießschule, in: Moderne Illustrierte Zeitung
Nr. 10/11 vom 1.6.1914.
- Willibald Gatter: Lebenslauf, Kirchheim
unter Teck 1961 (Privatbesitz).
- Manfred Rauchensteiner: Der Tod
des Doppeladlers. Österreich-Ungarn und der Erste Weltkrieg. Graz-Wien-Köln
1993.
- Arbeitszeugnis von Josef Gatter
für seinen Sohn Willibald vom 15. Juli 1919, bestätigt von der
Fachgenossenschaft der Schlosser in Niemes (Privatbesitz).
- Deutsche und Tschechen (Informationen
zur politischen Bildung 132), hg. von der Bundeszentrale für politische
Bildung, ND 1993, S. 5-6.
- Franz Pinczolits: Austro Daimler,
Wiener Neustadt 1986.
- Arbeitszeugnis der Österreichischen
Daimler-Motoren Aktiengesellschaft für Willibald Gatter, 31. Dez.
1925 (Privatbesitz); Werner Oswald: Deutsche Autos 1920-1945,
Stuttgart 22005.
- Gatter: Lebenslauf (wie Anm. 6).
- Briefwechsel mit Msgr. Prälat Dr.
Hermann Schmid (Cecelice, Tschechien) 1907-1994, v.a. Schreiben
Schmids vom 5.7.1993, einem Freund und Weggefährten Gatters aus
dem Reichstädter Kreis (Privatbesitz).
- Mit Karl Rabe (1895-1968), der
bis 1965 Chefkonstrukteur der Dr. Ing. h.c. F. Porsche GmbH in
Zuffenhausen war, stand Gatter bis zu dessen Tod in Verbindung.
In den Fünfziger Jahren erprobte Gatter mit Rabe seine Stoßdämpferkonstruktionen
für den ersten Porsche Sportwagen.
- Arbeitszeugnis für Willibald Gatter
(wie Anm. 11).
- Arbeitszeugnis (wie Anm. 11).
- Archiv der Stadt Ceska Lipa [Böhmisch
Leipa], Faszikel Autowerk Gatter, "Lebenslauf" Willibald Gatters,
erstellt durch den tschechischen Historiker Miroslav Sovadina.
- Österreichisches Patentamt, Klasse
67 a, Patentschriften Nr. 97881 und 97882. Beide Patente wurden
am 6.2.1923 angemeldet und am 25.9.1924 ausgegeben.
- Peter Patzak, Dieter Stiefel: Camillo
Castiglioni oder die Moral der Haifische. Studio Film Production
Company, Dokumentarfilm von 1988.
- Hans Seper, Martin Pfundner, Hans
Peter Lenz: Österreichische Automobilgeschichte, Klosterneuburg
21999; Felix Pinner: Deutsche Wirtschaftsführer, Berlin 1924,
S. 217ff.
- Briefwechsel Prälat Schmid (wie
Anm. 13).
- Stadt Reichenberg, Unterlagen des
Einwohnermeldeamtes, Meldeblätter 1926/1927, Buchstabe G.
- Die 1907 gegründete "Reichenberger
Automobil Fabrik" hatte vor dem Ersten Weltkrieg eine Reihe von
teuren Wagen in kleinen Serien hergestellt. Kurz vor ihrem Bankrott
fusionierte sie 1912 mit dem Autohersteller Laurin & Klement.
Am 27. Juni 1925 erfolgte der Verkauf dieses Unternehmens an den
Škoda Konzern.
- Arbeitszeugnis der Georg Schicht
AG in Aussig an der Elbe für Willibald Gatter vom 20. Dez. 1929
(Privatbesitz).
- Josef Ganz: Das Modell zum Europa-Wagen
ist da! In: Motor Kritik 9 (1929), Nr. 1, S. 16.
- Gespräch mit mit Msgr. Prälat Dr.
Hermann Schmid am 28. August 1993 in Cecelice, Tschechien. 1929
übergab Gatter einen der drei Prototypen seinem Freund Schmid,
der ihn bis zu desser Requirierung durch die Wehrmacht im Jahr
1939 fuhr.
- Arbeitszeugnis der Georg Schicht
AG (wie Anm. 24) und Briefwechsel Prälat Schmid (wie Anm. 13).
- Stadt Aussig, Unterlagen des Einwohnermeldeamtes,
Meldeblätter 1927/1928, Buchstabe G.
- Walter Simon: Die Wirtschaft in
Aussig und im Bezirke Aussig, 4. Teil (Heimatkunde des Bezirkes
Aussig Heft 8, 1933), S. 84.
- Z.B. Deutsches Reich, Reichspatentamt,
Nr. 476636, Klasse 63c, Gruppe 38, G73044 II/63c, Tag der Bekanntmachung
über die Erteilung des Patents: 2 Mai 1929, Willibald Gatter in
Schreckenstein bei Aussig, Tschechoslowakische Republik, Lagerung
der gabelatig ausgebildeten inneren Enden von Schwingachsen, insbesondere
bei Kraftfahrzeugen.
- Franz Josef Umlauft: Geschichte
der deutschen Stadt Aussig. Eine Zusammenfassende Darstellung
von der Stadtgründung bis zur Vertreibung der Deutschen, München
21960, S. 472, 565f.
- Ganz: Europawagen (wie Anm. 25),
S. 14-16.
- Josef Ganz: Wer stopft das Leck?
In: Motor Kritik 9 (1929), S. 191-192.
- Ganz: Wer stopft das Leck? (wie
Anm. 33), S. 193.
- Wolfgang König: Volkswagen, Volksempfänger,
Volksgemeinschaft - "Volksprodukte" im Dritten Reich: vom Scheitern
einer nationalsozialistischen Konsumgesellschaft, Paderborn 2004,
S. 155.
- Motor Kritik 9 (1929), Nr. 1, S.
12-13 ("Kleinwagen - nicht Miniatur-Auto").
- Autowerk Gatter in Reichstadt,
Nordböhmen. Werbebroschüre zum "Kleinen Gatter" von 1930 (Privatbesitz).
- Autowerk Gatter 1930 (wie Anm.
37).
- Autowerk Gatter 1930 (wie Anm.
37).
- Archiv der Stadt Ceska Lipa [Böhmisch
Leipa], Faszikel Autowerk Gatter: 22.11.1929 "Antrag auf Abverkauf";
2.12.1929 "Baukomissionelle Begehung/Protokoll der Begehung";
7.12.1929 "Erteilung der Baubewilligung" (E. Nr. 1159) 26.3.1930;
"Geometrischer Situationsplan des Ingenieurs Karl Röhrich"; 16.5.1930
"Protokoll der Gemeindeausschußsitzung"; 26. März 1930 "Teilungs-
und Flächenausweis zum Situationsplane Exh. Nr. 526"; 28.3.1931
"Stadtamt Reichstadt, Kollaudierung"; 1.8.1930 "Bezirksbehörde
Böhmisch Leipa, Komissionelle Verhandlung" und 13.9.1930 "Bezirksbehörde
Böhmisch Leipa an Vilém-Wilhelm Gatter".
- Aufzeichnungen Willibald Gatters
von 1937 ("Produzierte Stückzahlen") (Privatbesitz).
- Kurt Wenzel: Personenautos 1905-1945
aus Stadt und Bezirk Gablonz an der Neiße, Sudetenland, o.O. 21993;
Deutsche und Tschechen (wie Anm. 9), S. 5 (Tabelle).
- Paul Schilperoord: Wie der VW-Käfer
wirklich entstand, in: Technology Review, Heft November 2005,
S. 84; König: Volkswagen (wie Anm. 35), S. 151-153; Statistisches
Reichsamt (Hg.): Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich,
1919-1941/42, Volkszählung vom 16. Juni 1933.
- Nach Angaben des Deutschen Museums,
München (zitiert in Wenzel (wie Anm. 42), S. 9) kamen im Jahr
1935 in der Tschechoslowakei 129 Personen auf einen PKW, das entsprach
einem Gesamtbestand des Landes von rund 120.000 PKWs.
- Motor Kritik, Anfang Okt. 1930,
Nr. 19, S. 422.
- Briefwechsel Prälat Schmid (wie
Anm. 13).
- Egon Erwin Kisch: Schuhwerk, in:
Prager Pitaval - Späte Reportagen. Gesammelte Werke in Einzelausgaben
II/2, Berlin-Weimar 1969, S. 415-428; Ilja Ehrenburg, Der Schuhkönig
Thomas Bata, in: Das Tagebuch 12 (1931), Dezemberausgabe. Vgl.
auch Rudolph Philipp: Die Stiefel der Diktatur, Zürich 1936.
- Motor Kritik, Anfang Okt. 1930,
Nr. 19, S. 422.
- Produzierte Stückzahlen des "Kleinen
Gatter" betrugen 1930 (18 Wagen), 1931 (203), 1932 (479), 1933
(631), 1934 (224), 1935 (87) und 1936 (21 Wagen). Vom "Europawagen"
wurden zwischen 1926-1929 drei Prototypen gebaut. Quelle: Aufzeichnungen
Willibald Gatters von 1937 - "Produzierte Stückzahlen" (Privatbesitz).
- Wenzel: Personenautos (wie Anm.
42); Werbeprospekt Gatter (wie Am. 37) sowie Motor Kritik (wie
Anm. 48). 1930 betrug das durchschnittliche jährliche Bruttoeinkommen
im Deutschen Reich 2074 RM, Statistisches Bundesamt: Durchschnittliches
Bruttoarbeitsentgelt je Privathaushalt. Überblick seit 1910. Pressemitteilung
Nr. 496 vom 27. Nov. 2006.
- König: Volkswagen (wie Anm. 35),
S. 182-183 und Statistisches Bundesamt: Durchschnittliches Bruttoarbeitsentgelt
je Privathaushalt. Überblick seit 1910. Pressemitteilung Nr. 496
vom 27. Nov. 2006.
- Autowerk Gatter (wie Anm. 37).
- Autowerk Gatter in Reichstadt, Nordböhmen.
Tschechische Werbebroschüre zum "Kleinen Gatter" von 1931 (Privatbesitz).
- Briefwechsel Prälat Schmid (wie
Anm. 13).
- Gespräch mit mit Msgr. Prälat Dr.
Hermann Schmid am 28.8.1993 in Cecelice, Tschechien. Siehe auch
Motor Kritik (wie Anm. 48).
- König: Volkswagen (wie Anm. 35),
S. 152.
- Hans Mommsen, Manfred Grieger: Das
Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich, Düsseldorf
1996, S. 58ff; König: Volkswagen (wie Anm. 35), S. 151, 155-157.
- König: Volkswagen (wie Anm. 35),
S. 157, 160.
- Der Angriff vom 8. 3.1934, S. 1
("Der billige Volkswagen für Millionen kommt").
- König: Volkswagen (wie Anm. 35),
S. 160-161, 172.
- König: Volkswagen (wie Anm. 35),
S. 165, 174.
- König: Volkswagen (wie Anm. 35),
S. 180-181.
- Der nordböhmische Tourismusverband
widmete dem Konstrukteur im Dezember 2006 anlässlich seines 110.
Geburtstags und dem 80. Jahrestages der Gatter Automobilproduktion
eine Gedenkplakette.
- Motor Kritik, März 1933, Nr. 5,
S. 136-137 (Preise auf der Berliner Ausstellung, Fritz Wittekind,
Berlin).
- Schilperoord (wie Anm. 43), S.
85. Erst im November 1935 kam mit dem Opel P4 ein weiterer günstiger
Wagen auf den deutschen Markt, dessen Preis im September 1936
von 1650 auf 1450 RM herabgesetzt wurde. Doch schon 1937 fuhr
Opel die Produktion zurück und nahm den Wagen im Folgejahr aufgrund
von Werkstoffkontingentierungen vom Markt, König: Volkswagen (wie
Anm. 35), S. 153, 165.
- Sudetendeutsche Tageszeitung vom
10.12.1933 ("Kraftfahrwesen - Der kleine Gatter"); Breisgauer
Zeitung 173 vom 28.7.1931 ("Rückschau auf den Renntag" und "Die
Strahlenfahrt"); Süddeutsches Sportblatt, Wochenbeilage der Freiburger
Zeitung, 30/202 vom 27.7.1931 ("Schauinsland Bergrennen 1931");
Werbeprospekt des Autowerks Gatter - Reichstadt von 1932 (Privatbesitz).
- Süddeutsches Sportblatt, Wochenbeilage
der Freiburger Zeitung, Nr. 30/202 vom 27. Juli 1931 ("Schauinsland
Bergrennen 1931") und Breisgauer Zeitung Nr. 173 vom 28. Juli
1931 ("Rückschau auf den Renntag" und "Die Strahlenfahrt").
- Der Verbrauch des "Kleinen Gatter"
lag laut Werbeprospekten von 1931 bei 5 Litern auf 100 Kilometer.
Der des SSKL lag bei rund 30 Litern (vgl. dazu: Halwart Schrader:
Mercedes Kompressorwagen, München-Wien- Zürich 1979). Der SSKL,
Abkürzung für "Supersport kurz leicht", war 1929 aus dem Sport-Zweisitzer
SSK-WS06 entstanden und wurde in nur drei bis fünf Exemplaren
gebaut. Um die Dominanz der Mercedes SSK gegen die aufkommende
Konkurrenz seitens Alfa Romeo und Bugatti nicht in Frage zu stellen,
verringerten Mercedes-Ingenieure das Gewicht des SSK um ca. 125
kg durch große Bohrungen am Rahmen und an den Holmen, welche dem
Fahrzeug sein charakteristisches Aussehen verliehen.
- Archiv der Stadt Ceska Lipa [Böhmisch
Leipa], Faszikel Autowerk Gatter: 16.6.1932 Protokoll der Staatsgutsverwaltung
über beabsichtigten Ankaufes der Grundstücksparzelle K.Z. 1884
durch Willibald Gatter; 20.09.1932 Bürgermeisteramt ersucht bei
der Stadtvertretung in Reichstadt zum Abverkauf der Grundparzelle
K.Zl. 1884/2 an Ing. Willy Gatter für Industriezwecke; 26.9.1932
Oberrat der polit. Verwaltung von Böhm.-Leipa genehmigt Abverkauf;
1.10.1932 Kaufvertrag zwischen Willy Gatter und Stadtgemeinde
Reichstadt über die Grundparzelle K.Zl. 1884/2; 29.10.1932 Vollziehung
des Kaufbeschlusses vom 24.10.1932 (c.d.1524/32) durch das Bezirksgericht
Nimes unter Einlagezahl 66.590 im Grundbuch-Reichstadt.
- Škoda Auto a.s.: Škoda - Bewegte
Geschichte seit über 100 Jahren, Miltenberg-Frankfurt 2006; Oswald:
Deutsche Autos (wie Anm. 11).
- Werbeprospekte des Autowerks Gatter
- Reichstadt von 1930-1932 (Privatbesitz).
- Werbeprospekt des Autowerks Gatter
- Reichstadt von 1932 (Privatbesitz).
- Werbeprospekte des Autowerks Gatter
- Reichstadt von 1932-1933 (Privatbesitz).
- Lebenserinnerungen von Wulf Gatter
(geboren 1943).
- Sudetendeutsche Tageszeitung (wie
Anm. 66).
- Wenzel: Personenautos (wie Anm.
42); Autowerk Gatter, Reichstadt in Nordböhmen, Prospekt zum Modell
35 des "Kleinen Gatter" (Privatbesitz).
- Briefwechsel Prälat Schmid (wie
Anm. 13).
- Willy Gatter: Weg aus der Krise,
Eger 1935.
- Brief von Dr. med. Arnold Gatter
(Karlsbad) an Willy Gatter vom 9. April 1935 (Privatbesitz).
- Deutsche und Tschechen (wie Anm.
9), S. 7.
- Alena Mípiková, Dieter Segert: Republik
unter Druck, in: Tschechien (Informationen zur politischen Bildung
276) 2002.
- Jirí Kosta: Die tschechoslowakische
Wirtschaft im ersten Jahrzehnt nach der Staatsgründung, in: Hans
Lemberg und Peter Heumos (Hg.): Das Jahr 1919 in der Tschechoslowakei
und Ostmitteleuropa (Bad Wiesseer Tagungen des Collegium Carolinum
17), München 1993, S. 72 (Abb. 3).
- Brief von Dr. med. Arnold Gatter
(Karlsbad) an Willy Gatter vom 9.4.1935 (Privatbesitz).
- Vgl. hierzu König: Volkswagen (wie
Anm. 35), S. 152-154.
- Diverse Werbeprospekte des Autowerks
Gatter - Reichstadt zwischen 1930 und 1935. Vgl. auch König: Volkswagen
(wie Anm. 35), S. 153 (ein kostengünstigerer Wagen als der 1933
auf den Markt gekommene Standard Superior von Josef Ganz (1590
RM) wurde erst 1937 mit dem P4 von Opel angeboten (1450 RM). Allerdings
gab es bereits 1933 dreirädrige Kleinstwagen wie den zweisitzigen
Piccolo der Framo-Werke (850 RM) der jedoch nicht als vollwertiges
Fahrzeug galt und von der Fachpresse als "unzulänglich" bezeichnet
wurde, vgl. König: Volkswagen (wie Anm. 35), S. 153, 156.
- Siehe z. B. König: Volkswagen (wie
Anm. 35), S. 153.
- Zwischen 1933 und 1939 verdreifachte
sich im Deutschen Reich der PKW-Bestand, König: Volkswagen (wie
Anm. 35), S. 153.
- Archiv der Stadt Ceska Lipa [Böhmisch
Leipa], Faszikel Autowerk Gatter: Brief Gatters an das Stadtamt
Reichstadt vom 9.11.1934: "…In meinem gewohnten Kundenkreis kann
ich derzeit nur alte Wagen absetzen; entsprechend dieser Erfahrung
bemühe ich mich jetzt mein Programm auch auf Nutz- und Lieferwagen
zu erweitern und ich habe begründete Hoffnung nächstes Jahr auch
Aufträge auf einem anderen Gebiet zu erhalten. Ich hoffe auf dieser
Basis meinen Betrieb dann wieder in Gang zu bringen… Ich habe
in den vergangenen Jahren unser beträchtliches Vermögen in die
kostspielige Versuchsentwicklung meines Fabrikats gesteckt, wo
es jetzt natürlich bis auf weiteres festgefahren ist."
- Brief Willibald Gatters an seinen
Onkel Dr. med. Arnold Gatter (Karlsbad) vom 20. März 1935 (Privatbesitz).
- Die Agrarier waren ein unter verschiedenen
Namen angetretener Bund, auch Agrarpartei oder Partei des tschechischen
Landvolkes genannt.
- Deutsche und Tschechen (wie Anm.
9), S. 5, 7; Mípiková: Republik (wie Anm. 81).
- Deutsche und Tschechen (wie Anm.
9), S. 5, 7; Mípiková: Republik (wie Anm. 81).
- Archiv der Stadt Ceska Lipa [Böhmisch
Leipa], Faszikel Autowerk Gatter: Brief Willibald Gatters an das
Bezirksamt Niemes vom 1.9.1936.
- Miroslav Sovadina, in: Kreiszeitung
Pruboj vom 10. 12.1982.
- Gatter, Lebenslauf (wie Anm. 6);
Morten Jessen: Focke-Wulf 190: The Birth of the Butcher Bird 1939-1943,
London 1998; Luftfahrt Archiv: Junkers Jumo 213 A-1, C-0 Flugmotor
Technisches Kompendium, 2006 (CD-Rom).
- Reichspatentamt: Patentschrift Nr.
704577, Klasse 46c4, Gruppe I, G 99140, Ia/46c4, ausgegeben am
2. April 1941 und Brief des Reichspatentamtes (Berlin) an Willibald
Gatter (Offenbach) vom 24. Januar 1940.
- Brief des Reichsluftfahrtministeriums
an Willibald Gatter vom 31. Mai 1944 und Gatter: Lebenslauf (wie
Anm. 6).
- Emilie Gatter, geborene Hoyler (1911-1991):
Lebenserinnerungen, handschriftliches Manuskript (Privatbesitz),
S. 23-26.
- Lebenserinnerungen ihres Sohnes
Wulf Gatter (geboren 1943).
- Eine geborene Schmid aus Bissingen
an der Teck (1884-1966). Sie heiratete 1909 den gebürtigen Kirchheimer
Karl Hermann Hoyler (1877-1940).
- Gerhard Hetzer: Unternehmer und
leitende Angestellte zwischen Rüstungseinsatz und politischer
Säuberung, in: Martin Broszat u.a.: Von Stalingrad zur Währungsreform,
München 1988, S. 584.
- Hetzer: Unternehmer (wie Anm. 101),
S. 585.
- Ulrich Albrecht: Rüstungsfragen
im deutsch-französischen Verhältnis, in: Wilfried Engler (Hg.):
Frankreich an der Freien Universität, Stuttgart 1997, S. 102.
- Dienstvertrag Willy Gatters mit
der Turboméca Lindau-Bad Schachen, Etablissement de la Zone Française
de l'Occupation, 18.3.1946 (Privatbesitz).
- Brief von Turboméca Chefingenieur
Fritz Nallinger (Bregenz) vom 11.4.1946 an Willy Gatter (Lindau)
(Privtabesitz).
- Briefkopf Willibald Gatters aus
dem Jahr 1947 (Privatbesitz).
- Deutsches Patentamt, Patentschrift
Nr. 861204, Klasse 59 a, Gruppe 15, G5Ia/59a, patentiert am 2.10.1949,
ausgegeben am 29. Dez. 1952 ("Pumpe") und Nr. 866464, Klasse 59a,
Gruppe 15, G4651Ia/59a, patentiert am 1.9.1950, ausgegeben am
9.2.1953 ("Pumpe").
- Deutsches Patentamt, Patentschrift
Nr. 940033, Klasse 63 c, Gruppe 42, G7865 II/63 c, Anmeldung am
3.1.1952, ausgegeben am 8.3.1956.
- Lebenserinnerungen seines Sohnes
Wulf Gatter (geboren 1943).
- Rüdiger Etzold: Der Käfer - Eine
Dokumentation. Band 1, Motorbuch Verlag, Stuttgart 1983, S. 8
(Durch die KdF-Sparaktion waren bis Kriegsbeginn 278 Millionen
RM zusammengekommen. Da aber in den Kriegsjahren statt der versprochenen
zivilen KdF-Wagen etwa 65.000 Kübel- und Schwimmwagen für die
Wehrmacht produziert wurden, fühlten sich viele Sparer betrogen.
Erst 1961 schloss das VW-Werk einen Vergleich mit den Klägern
und räumte Sparern mit einem vollgeklebtem KdF-Sparbuch einen
Rabatt von 600 DM auf einen VW-Käfer Neuwagen ein - knapp ein
Sechstel des Neupreises der preiswertesten Version (4000 DM)).
- Günter Bartsch: Freiheit und Gerechtigkeit.
Enzyklopädie des Liberalsozialismus, Kiel 2006.
- Willy Gatter: Europäisches Programm
der Liberal-Sozialistischen Partei, Kirchheim unter Teck 1953
(Privatbesitz).
- Willy Gatter: Weder Kapitalismus
noch Kommunismus - Europas Liberal-Sozialismus, Kirchheim unter
Teck (im Selbstverlag) 1973.
- Wenzel: Personenautos (wie Anm.
42).
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